Warum nicht einmal ums Eck denken?

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11. Oktober 2025 – Beim 910er-Bus geht es nicht zuletzt um die Frage, ob der Gemeinderat problem- oder lösungsorientiert denkt. Die neue Baugenossenschaft Zollikon errichtet 22 attraktive Wohnungen im Zollikerberg. Derweil lenkt das Spital Zollikerberg Notfallpatienten auf die Überholspur.

BARBARA LUKESCH UND RENE STAUBLI

Barbara Lukesch und René Staubli

Könnte die Gemeinde den Bus 910 nicht subito und auf eigene Kosten wieder bis zum Bahnhof Tiefenbrunnen verlängern? Das fragten wir den Gemeinderat und bekamen eine Antwort, die in erster Linie Probleme aufzählt: Es gebe «gewichtige offene Fragen», lasen wir. Unter anderem müssten der Bus aufgrund des Fahrplans im Bahnhof Tiefenbrunnen Wartezeiten einhalten. Es gebe dort wegen der momentanen Baustelle aber keinen Platz, wo man ihn parkieren könnte. Und weil der Autobusbetrieb Baumgartner die Linien nur noch bis Dezember 2026 bedient, müsste die Nachfolgefirma, die noch nicht bekannt sei, «die Infrastruktur und die Personalressourcen bereitstellen können».

Der langen Rede kurzer Sinn: Der Gemeinderat will das Anliegen erst bei der öffentlichen Auflage des neuen Verbundfahrplans 2027/28 einbringen. Scheitert er erneut, will er «die Einführung einer Linienergänzung prüfen». Will heissen: Der 910er fährt gefühlt bis 2030 nicht mehr zum Tiefenbrunnen.

Renate Diener und Esther Meier, die Co-Präsidentinnen des Quartiervereins Zollikerberg, finden es schade, «dass der Gemeinderat die Flinte so schnell ins Korn wirft und die Lösung des Problems auf die lange Bank schiebt».

Sie regen an, «in Alternativen zu denken». Wenn der Bus für die fahrplanbedingten Wartezeiten nicht beim Bahnhof Tiefenbrunnen abgestellt werden könne, wäre das vielleicht am Bahnhof Zollikon möglich, wo bei der Wendeschlaufe genügend Platz vorhanden sei. 

Denkbar wäre für sie auch, «die Linie 910 nicht direkt vom Dufourplatz zum Bahnhof Tiefenbrunnen zu führen, sondern vom Dufourplatz via Bahnhof Zollikon und Seestrasse zum Tiefenbrunnen – vielleicht wäre damit auch das Problem mit den Wartezeiten zu lösen».

Und mit den Verantwortlichen des Busbetriebs Baumgartner müsste man möglichst bald darüber reden, ob der Einsatz zusätzlicher Busse schon in absehbarer Zeit möglich wäre. «Ums Eck denken, ‹out of the box› statt nur die Probleme zu sehen, das ist das, was wir uns vom Gemeinderat wünschen würden», sagen die Co-Präsidentinnen.

Damit sind sie nicht allein: Im Mai 2024 haben 498 Personen vom Berg, 272 vom Dorf und 89 Auswärtige mit ihren Unterschriften den Zürcher Verkehrsverbund aufgefordert, auf die Verkürzung der Buslinie 910 zu verzichten. Vergeblich zwar, aber der Wunsch lebt weiter.

Das waren noch Zeiten, als der 910 zum Tiefenbrunnen fuhr (Foto: ZN)
Das waren noch Zeiten, als der 910er zum Tiefenbrunnen fuhr (Foto: ZN)

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Wird nun gebaut: die Siedlung auf der ehemaligen «Zirkuswiese» (Foto: PD)
Die drei neuen Y-Häuser auf der ehemaligen «Zirkuswiese» (Foto: PD)

Die neue Baugenossenschaft Zollikon (nBZ) errichtet an der Sonnengartenstrasse nahe der reformierten Kirche Zollikerberg drei Y-förmige Mehrfamilienhäuser mit 22 Wohnungen. Am Donnerstag fand der Spatenstich auf der grossen Wiese statt, wo früher der Zirkus Stey gastierte. Jürg Widmer (Präsident der nBZ) und der federführende Zolliker Architekt Patrik Jeuch stellten das Projekt vor.

Die Hälfte machen 2 ½-Zimmer-Wohnungen mit 54 bis 66 m2 Fläche aus. Die sechs 3 ½-Zimmer-Wohnungen sind 80 bis 83 m2 gross. Es gibt drei 4 ½-Zimmer-Wohnungen (je 94 m2) und zwei 5 ½-Zimmer-Wohnungen à 120 m2.

Weil die Baugenossenschaft das Land günstig von der alteingesessenen Familie Brunner erwerben konnte, sollen die Mieten 10 bis 15 Prozent unter dem marktüblichen Niveau liegen. Konkret dürfte eine kleine Wohnung im Erdgeschoss 2’100 Franken pro Monat kosten, eine 4 ½-Zimmer-Wohnung rund 3’200 Franken pro Monat (ohne Parkplatz und Nebenkosten). Widmer rechnet grob mit einer Miete von 400 Franken pro Quadratmeter. Diese Preisgestaltung sei vor allem deshalb möglich, weil die Genossenschaft keinen Gewinn anstrebe und Spekulationen laut Statuten «nicht statthaft sind». An der Qualität des Baus werde aber nicht gespart, sagt Architekt Jeuch. Dank Erdsonden, Wärmepumpen, Photovoltaik und Minergiestandard sei auch das Energiesystem auf dem neusten Stand.

Die nBZ bietet in der Gemeinde derzeit 181 Wohnungen in 17 Liegenschaften an. Das Zielpublikum für die neue Überbauung sind laut Widmer «erstens unsere Genossenschafter». Es gebe ältere, alleinstehende Leute in grösseren Wohnungen ohne Lift, die Interesse hätten, in eine der kleineren, hindernisfreien neuen Wohnungen im Zollikerberg zu ziehen. Dadurch würden grössere Genossenschaftswohnungen für Familien frei. Die zweite Zielgruppe seien «generell Leute, die sich für Zollikon und die Gemeinschaft einsetzen, zum Beispiel bei der Feuerwehr, den Seerettern oder als Freiwillige».

Es hätten sich bereits über 100 InteressentInnen gemeldet. Sobald man den Überblick über die Kosten habe, werde man auf der Website der Genossenschaft die konkreten Angebote publizieren. Mit dem Bezug der Wohnungen könne im Sommer 2027 gerechnet werden.

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Stellen Sie sich vor, Sie müssten notfallmässig ins Spital Zollikerberg – beispielsweise zur Versorgung einer kleineren Wunde, zur Beurteilung eines verstauchten Gelenks oder zur Behandlung einer starken Erkältung. Bislang hiess es: warten, warten, warten, denn logischerweise haben auf einer Notfallstation Menschen mit schwereren medizinischen Problemen Vortritt. Nun schafft das Spital für die leichteren Fälle spezielle Räume mit eigenen Teams. Nach einer ersten klinischen Beurteilung werden sie auf den neuen Behandlungspfad gewiesen, den «Fast Track». Anmelden muss man sich für «Überholspur» nicht.

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