Das Projekt, das alles verändert hätte

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5. November 2025 – Derzeit baut die Forchbahn die Haltestelle Waldburg für 40 Mio. Franken um. Vor 25 Jahren lag der Plan für den Bau eines 1200 Meter langen Tunnels von der Waldburg bis in die Unterhueb vor. Hätte man damals 76 Mio. investiert, wäre der Zollikerberg heute ein anderer Ort.

Gepunktet: der geplante Forchbahn-Tunnel (Grafik: Wolf, Kropf und Partner)
Gepunktet: der geplante Forchbahn-Tunnel (Grafik: Wolf, Kropf und Partner)

VON RENE STAUBLI

Im Jahr 2002 stellte die Gemeinde die Machbarkeitsstudie an einer öffentlichen Veranstaltung vor. Laut einem Bericht in der NZZ reagierten die Anwesenden geradezu euphorisch: für diese langfristige Investition lohne es sich, «ein paar Franken in die Hand zu nehmen». Als Nebeneffekt bekomme man mit dem Bau des Tunnels ja auch noch rund 8000 m2 oberirdische Bodenfläche für eine freundlichere Gestaltung der Forchstrasse.

Verfasser der Studie waren die Zürcher Bauingenieure Wolf, Kropf & Partner. Fritz Wolf, bis vor kurzem Präsident des Quartiervereins Zollikerberg, hat die Unterlagen aufbewahrt und uns zur Verfügung gestellt.

Die Stationen Waldburg, Spital Zollikerberg und Zollikerberg wären über Treppen, Rampen und Lifte erschlossen worden. Die Gesamtkosten inklusive Landerwerb und Oberflächengestaltung schätzten die Ingenieure damals auf die erwähnten 76 Mio. Franken. Für die Planung und Projektierung seien «mindestens 1 ½ Jahre erforderlich», heisst es in den Unterlagen. «Die Bauausführung könnte Mitte 2003 beginnen und würde 2½ bis 3 Jahre dauern.»

Ausriss aus der Machbarkeitsstudie

Der Zufall wollte es, dass die Architekten Harder & Spreyermann kurz zuvor einen von der Gemeinde ausgeschriebenen Gestaltungswettbewerb für die Forchstrasse gewonnen hatten. Sie schlugen vor, aus dem Abschnitt zwischen Spital und Rosengarten einen Boulevard zu machen und damit einen Raum zu schaffen, «in welchem öffentliches Leben stattfinden kann».

An eine Untertunnelung hatten sie noch nicht gedacht. Die Forchbahn sollte in diesem Abschnitt «wie in der Stadt als Tram mit Gleisen verkehren, die in den Belag eingelassen wären». Baumreihen sollten den Boulevard wie eine Allee einfassen, «Warteinseln» den Menschen die sichere Überquerung aller Verkehrswege ermöglichen (siehe Abb.).

Die Kombination der beiden Vorschläge – Untertunnelung der Forchbahn und Neugestaltung der Oberfläche – wäre für die Bevölkerung zweifellos attraktiv gewesen.

Boulevard Forchstrasse
«Boulevard Zollikerberg» von Harder & Spreyermann
Heutige Situation: der Verkehr dominiert
Heutige Situation: der Verkehr dominiert

«Auf Grund dieser Unterlagen ist ein Grundsatzentscheid des Gemeinderates möglich», schrieben Wolf, Kropf und Partner in ihrer Studie. Doch sie hatten die Rechnung ohne die Forchbahn gemacht, wie sich Hansjörg Salm, der ehemalige Leiter der Zolliker Bauabteilung, erinnert: «Die Forchbahn AG lehnte bei Gesprächen mit dem Gemeinderat eine unterirdische Linienführung im Zollikerberg ab – und zwar nicht nur wegen der Kosten, sondern prinzipiell.» Die Linienführung in Zumikon, wo die Forchbahn über eine lange Strecke unterirdisch verkehrt, sei «kein Vorbild», habe es geheissen.

Hartnäckige Zumiker

Zumikon hatte schon in den 1960er-Jahren mehrfach beim Kanton interveniert, um eine Tieferlegung der Forchbahn zu erreichen. Laut NZZ vom 16. Dezember 1971 warf sich der Zumiker Gemeinderat «mit letzter Anstrengung dem drohenden Verhängnis» entgegen, das Dorf mit einer oberirdischen Linienführung «für alle Zeiten zu zerschneiden und jede Zentrumsgestaltung zu verunmöglichen».

Der Kampf war erfolgreich. Für die Untertunnelung wurde ein Kredit von 12,9 Mio. Franken bewilligt, wovon die Gemeinde 70 Prozent übernahm. Im April 1973 begannen die Bauarbeiten, der Tunnel wurde vor ziemlich genau 50 Jahren am 25. September 1976 eröffnet.

«Zumikon wäre heute nicht dieselbe Gemeinde, wenn die Forchbahn damals nicht tiefergelegt worden wäre», konstatiert Gemeindeschreiber Thomas Kauflin, und fügt hinzu: «Viele Gemeinden – nicht nur im Kanton Zürich, sondern in der ganzen Schweiz – beneiden uns um den zusammengewachsenen Dorfkern.»

Forchbahn-Geschäftsleiter Marc Rizzi erinnert daran, dass die Bahnreform im Jahr 1999 die Ausgangslage für solche Projekt völlig verändert habe. Der Bund sei damals vom Defizitfinanzierer zum Besteller der Eisenbahninfrastruktur geworden und habe das Kosten-/Nutzenverhältnis viel stärker ins Zentrum gerückt.

Das Tunnelprojekt im Zollikerberg kam also schlicht zu spät, um eine Chance auf Verwirklichung zu haben.

Baustelle Station Waldburg (Fotos: ZN)
Baustelle Station Waldburg: alles oberirdisch (Fotos: ZN)

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