Urs Rechsteiners Probleme mit der Flughöhe

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19. Dezember 2025 – Seit knapp fünf Jahren ist Urs Rechsteiner, Primarlehrer und langjähriger Schulleiter, in Zollikon als Leiter Bildung tätig. Er erlebte turbulente Zeiten: Krise am Rüterwis, Wechsel an der Spitze der Schulverwaltung, durchzogene Evaluation der hiesigen Schulen. Versuch einer Bilanz. (4 Kommentare)

19. Dezember 2025 – Seit knapp fünf Jahren ist Urs Rechsteiner, Primarlehrer und langjähriger Schulleiter, in Zollikon als Leiter Bildung tätig. Er erlebte turbulente Zeiten: Krise am Rüterwis, Wechsel an der Spitze der Schulverwaltung, durchzogene Evaluation der hiesigen Schulen. Versuch einer Bilanz.

Leiter Bildung Urs Rechsteiner, Primarschule Rüterwis (Foto: ZN / pd)
Leiter Bildung Urs Rechsteiner, Primarschule Rüterwis (Foto: ZN / pd)

VON BARBARA LUKESCH

Corinne Hoss-Blatter war Schulpflegepräsidentin, als das Gremium beschloss, die Stelle eines Leiters Bildung zu schaffen. Ihr Arbeitsaufwand betrug oft bis zu 80 Prozent; da fand sie, dass es eine zusätzliche Hierarchiestufe zwischen der Schulpflege und den drei Zolliker Schulleitungen brauche. Der Leiter Bildung sollte dazu beitragen, das Amt des Schulpräsidiums zeitlich auf ein miliztaugliches Niveau zu senken.

Die Gemeindeversammlung vom Juli 2020 bewilligte die neue Stelle. Die Bewerbung und Referenzen des Primarlehrers und Schulleiters Urs Rechsteiner überzeugten die Findungskommission sowie die gesamte Schulpflege. «Wir trafen eine klare Wahl», sagt Hoss-Blatter. Im August 2021 trat Rechsteiner sein Amt an.

Die Zusammenarbeit der Schulpräsidentin mit Rechsteiner dauerte ein Jahr, dann gab sie ihr Amt ab. Sie erinnert sich: «Urs war natürlich noch auf der Suche nach der richtigen Flughöhe.» Schliesslich sei er vorher als Schulleiter tätig gewesen und habe als Leiter Bildung nun auf die nächsthöhere Stufe gewechselt. Rechsteiner habe lernen müssen, dass er in seiner neuen Position für die ganze Schule und nicht mehr für die einzelnen Lehrpersonen zuständig war: «Diese Aufgabe erfüllen die Schulleitungen.» Sein Job wäre es, die Schulleitungen zu führen.

Im Geschäftsbericht des Gemeinderats aus dem Jahr 2021, dem Jahr, als Rechsteiner seine Stelle antrat, wird deutlich, welch umfassende Pflichten der Leiter Bildung hat: «Er ist zuständig für das Budget, die Kommunikation, die übergeordnete Weiterentwicklung, Qualitätssicherung und Weiterbildungsplanung der gesamten Schule, die Personalführung der Schulleitungen, Leitungen der Betreuungshäuser und Schulsozialarbeitenden, für die Finanzen sowie die Beratung und Unterstützung der Schulpflege.» Das ist das Pflichtenheft eines Vielbeschäftigten, der sich nicht im Klein-klein verlieren darf, sondern eine Idee von der gesamten Schule verfolgen muss, die er leitet.

Fehlende Vision – Rüterwis im Abseits

Ein Pädagogikfachmann, selber langjähriger Leiter Bildung in einer Gemeinde des Kantons Zürich, aber auch vertraut mit den Verhältnissen in Zollikon, sagt, bei Rechsteiner suche man bislang vergeblich nach einer Vision, die er mit der Schule Zollikon umsetzen möchte.» Auch der Zusammenhalt der drei Schulen Oescher, Rüterwis und Buechholz sei vage geblieben: An Schulleiterkonferenzen gebe es zwar Beteuerungen und Absichtserklärungen, zum Beispiel wie man die geschätzte Lernbox, jenes Rückzugsangebot für gestresste Kinder im Oescher, allen zugänglich machen könne: «Im konkreten Fall hat dann aber das Rüterwis oft das Nachsehen gehabt.»

Aufgefallen sei ihm das auch, so der Experte, als er die sehr durchzogene Qualifikation der Fachstelle für Schulbeurteilung für die Schule Rüterwis eingehender studiert habe. Es sei doch bemerkenswert, dass die drei Herzstücke der Evaluation, die Bereiche Zusammenarbeit im Schulteam, die Schulführung und die Schul- und Unterrichtsentwicklung den Qualitätsanspruch der Prüfer und Prüferinnen nur «teilweise» erfüllen. Das sei kein gutes Zeugnis für einen Leiter Bildung, so der Insider, sondern Ausdruck von klarem Nachholbedarf, der sich zuvorderst an die Adresse von Urs Rechsteiner richte.

Einzelne Sätze mögen das Ausmass der Kritik verdeutlichen: «Die Kooperation ist erst punktuell auf eine gemeinsame Entwicklung von Unterricht und Schule ausgerichtet.» – «Ein systematisches Vorgehen entlang eines Qualitätskreislaufs ist an der Schule wenig etabliert.» – «Die Kommunikation zwischen den Führungsebenen ist teilweise unklar und erschwert die Aufgabenerfüllung.»

Im Anschluss daran gibt das Evaluationsteam Empfehlungen ab, um die Schule auf ihrem Weg zu unterstützen. Darunter auch folgende: «Ein offener Umgang mit wahrgenommenen Herausforderungen schafft Vertrauen und fördert eine tragfähige, verlässlich geregelte Zusammenarbeit.»

Beschönigung statt Information

Als es dann um die Kommunikation der Evaluations-Ergebnisse ging, bot sich Rechsteiner eine erste Chance, diesen Anspruch umzusetzen. Doch er liess sie ungenutzt und versah seinen Newsletter an die Eltern mit dem beschönigenden Titel: «Schulevaluation mit positiven Ergebnissen.» Auch im Text selber umschiffte er die kritischen Punkte der Evaluation und blieb vage. Anderseits hielt er fest: «Eine transparente Kommunikation zwischen Schule und Eltern/Erziehungsberechtigten ist für uns sehr wichtig.» Insider wie Andreas Tschopp aus dem Vorstand des Elternrats schüttelten den Kopf: «Für wie dumm werden wir Eltern eigentlich gehalten!»

Interessant: Von den Ergebnissen der Evaluation gibt es zwei verschiedene Fassungen. Die erste ist sehr allgemein formuliert und wird auf der Website der Gemeinde veröffentlicht. Die zweite Fassung mit den ungeschönten Ergebnissen im Management Summary ist nur einem kleinen Kreis zugänglich, darunter dem Schulpräsidium und der Schulleitung. Weitere Beteiligte werden nicht informiert. Auch der Elternrat Rüterwis war kein offizieller Empfänger, obwohl er gesetzlich definierter Akteur im Bereich der Elternmitwirkung ist. Diese Fassung liefert konkrete Vorschläge zur Verbesserung einzelner Handlungsfelder und lässt zumindest durchblicken, wer die Verantwortung für den Erfolg oder Misserfolg einer Schule trägt.

Als ein Mitglied des Elternrats auf der Gemeinde nachfragte, ob der Gemeinderat gewusst habe, dass die Schule Rüterwis in 5 von 9 und die Schule Oescher in 4 von 9 Bereichen dem Qualitätsanspruch «nur teilweise» genügten, war die Antwort «nein». Andreas Tschopp vom Elternrat wunderte sich: «Wie kann das sein?»

Verzettelung der Kräfte

Rund acht Monate nach seinem Amtsantritt als Leiter Bildung, einem 100-Prozent-Job mit zahlreichen Pflichten (siehe oben), gab Rechsteiner seine Kandidatur als Gemeindepräsident von Maur bekannt. Gemeinderat war er zu dem Zeitpunkt schon. Das Präsidialamt erfordere, so die Einschätzung der Gemeinde, jährlich bis zu 1’200 Arbeitsstunden und entspreche einem 60-Prozent-Job. Als wir den Leiter Bildung fragten, ob er beiden Pensen genügen könne, antwortete Rechsteiner mit einem uneingeschränkten «Ja». Er könne und möchte mehr leisten als andere. Selbstbewusst ergänzte er: «Schon seit Jugendzeit war ich es gewohnt, mehr zu tun als andere in meinem Alter.» Bereits damals sei er auch mit leitenden Positionen betraut worden.

Die Schulpräsidentin Claudia Irniger will sich nicht zu Rechsteiners Qualitäten, Leistungen und Defiziten äussern: «Ihre Fragen gehören in eine Mitarbeiterbeurteilung. Diese ist vertraulich. Ich kann Ihnen dazu folglich keine Auskunft erteilen.»

Sie reagiert auch auf die Fragen, die an Rechsteiner gingen. Diese beinhalteten «zum Teil happige Vorwürfe» und seien «von einer tendenziösen Sichtweise getragen». Ihre Fürsorgepflicht als Vorgesetzte gebiete es darum, dass sie Stellung nehme. Die meisten Fragen bleiben dann trotzdem unbeantwortet. Irniger pauschal: «Wir gehen mit den an Herrn Rechsteiner ergehenden Vorwürfen nicht einig.»

Schwächen in der Kommunikation

Die erste richtig grosse Bewährungsprobe für Rechsteiner war die Krise in der Schule Rüterwis, als mehr als 20 Lehrpersonen kündigten; zahlreiche andere waren ausgebrannt und/oder krankgeschrieben. Rund 200 Eltern äusserten ihren Unmut öffentlich, so dass innert Kürze auch Medien wie der «Tages-Anzeiger» und die «NZZ» ausführlich berichteten.

Als Rechsteiner die «Krisenintervention Schweiz» und deren damaligen Leiter Franz Holderegger zu Hilfe rief, um die Probleme der Belegschaft mit dem umstrittenen Schulleiterpaar zu lösen, äusserte der politisch breit interessierte Zolliker Riccardo Wahlenmayer am 7. Dezember 2022 seinem Unmut in einem Kommentar auf «ZollikerNews.ch»: «Und jetzt, wo aufgrund eines schwelenden Konflikts eine starke, aber umsichtige Führungshand und ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten des zuständigen Vorgesetzten, also des Leiters Bildung, an erster Stelle gefragt wären, wird eine externe, notabene zusätzlich zu entschädigende Fachperson beauftragt.(…) Wo bleibt der verantwortliche Vorgesetzte?»

In Sachen Kommunikation beging Rechsteiner zuweilen schwer nachvollziehbare Fehler. So informierte er am 24. März 2023 mitten in der Rüterwis-Krise die Eltern per Mail, dass die grosse Mehrheit des 75-köpfigen Lehrerteams den Einbezug der «Krisenintervention Schweiz» gutheisse: «Rückmeldungen zeigen deutlich, dass sich die Stimmung im Team verbessert und sich die Situation sichtbar beruhigt hat.»

Daraufhin brach unter den Lehrkräften ein Sturm der Empörung los. Die Stimmung sei ganz im Gegenteil an einem Tiefpunkt angelangt. Und von den 75 Lehrpersonen seien gerade einmal 34 an diesem Treffen anwesend gewesen. Von einer «grossen Mehrheit» könne als nicht die Rede sein. Einmal mehr beschönigte Rechsteiner eine problematische Situation nach dem Motto «Augen zu und durch!» Ein Insider beschreibt es so: «Er probiert es einfach mal und schaut, ob er mit seinen Behauptungen durchkommt.» Bis jetzt habe es ja funktioniert.

Medien unter Kontrolle halten

Im Wissen, dass die Kommunikation der Schule Zollikon alles andere als optimal lief, wurde 2024 eine zusätzliche Fachkraft mit einem Pensum von 50 bis 60 Prozent gesucht. Beobachter Wahlenmayer: «Jetzt hätte es einen Kulturwandel gebraucht und eine Person, die offen und aktiv kommuniziert.» Es sei kontraproduktiv, ja, dumm in der heutigen Zeit, die Medien primär kontrollieren zu wollen. Da brauche es eine andere Strategie.

Dessen ungeachtet wurde eine Mitarbeiterin angestellt, die es in erster Linie als ihre Aufgabe versteht, die Medienschaffenden möglichst unter Kontrolle zu halten. Interviewfragen sollen vorgängig eingereicht und Artikel integral zum Gegenlesen geschickt werden. Bei Interviews sitzt sie meistens mit am Tisch.

Als wir sie um ein Gespräch mit Frank Bierlein baten, einem der nachfolgenden Schulleiter im Rüterwis, von dem es hiess, dass sich die Schule unter seiner Leitung allmählich wieder erhole, ermöglichte sie das Treffen, in dem es darum gehen sollte, wie Bierlein das schaffte. Allerdings wurde er vor dem Gespräch offenbar dermassen auf Vorsicht und Zurückhaltung getrimmt, dass nach 30 Minuten Redezeit kein einziger brauchbarer Satz vorlag. Das Interview, das eine Chance zur positiven Selbstdarstellung der Schule hätte werden können, erschien nicht.

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Herr U. Rechsteiner tut einem fast ein wenig leid, wenn er hier so hart angefasst wird. Dies vor allem, weil leider bei all den Fehlleistungen und Missständen die primär zuständigen Vorgesetzten, allen voran die für dessen Anstellung verantwortliche, ehemalige Präsidentin der Schulpflege, Frau C. Hoss Blatter, und dann die aktuelle Präsidentin, Frau C. Irniger sowie deren 1. Stellvertreter, Herr D. Sarasin, völlig ungeschoren davonkommen. Aber vielleicht kommt deren zweifelhafte Rolle auch noch zur Sprache. Denn bekanntlich stinkt der Fisch am Kopf zuerst.

Ich frage mich ebenfalls, ob es im Rüterwis bereits nachhaltige Verbesserungen gegeben hat. Man hört immer wieder kritische Rückmeldungen. Gerade deshalb finde ich es schade, dass die Kommunikation hier nicht besser funktioniert.

Insgesamt erachte ich den Artikel als inhaltlich korrekt. Das Führungsproblem ist bekannt und wird ausgesessen. Was nicht hervorkommt ist, dass die aktuelle neue Schulleitung vom Rüterwis – gerade mal seit August im Amt – für die Vergangenheit nichts kann. Sie haben als Erstes den Auftrag, den operativen Betrieb sicherzustellen, und das tun sie dem Vernehmen nach bis anhin. Um die Fehlleistungen aus der Vergangenheit zu korrigieren, brauchen sie vor allem Zeit. Hier wäre wichtiger, dass wenigstens Seitens Leiter Bildung ein klarer Fahrplan aufgezeigt wird. Bis heute besteht lediglich die Absicht, im Januar 2026 einen Workshop zu veranstalten. Bin gespannt, ob die Schulleitungen unterstützt werden.

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