Die einen leiden, die andern freuen sich

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30. Oktober 2025 – Wer im Umkreis der Forchbahn-Haltestelle Waldburg lebt oder arbeitet, muss sich seit Monaten mit Lärm, Dreck, Absperrungen und nun auch noch mit ausgedehnten Nachtarbeiten arrangieren. Wie gehen Betroffene damit um – und werden sie entschädigt?

Waldburgweg 2: Möglichst alle Schotten dicht (Fotos: ZN)
Waldburgweg 2: Möglichst alle Schotten dicht (Fotos: ZN)

VON RENE STAUBLI

«Es sind wirklich schlimme Zustände», klagt ein Bewohner im Appartementhaus Waldburgweg Nr. 2 mit den 17 Wohneinheiten direkt an der Haltestelle. Die Bauarbeiten finden unmittelbar vor den Balkonen statt, die teilweise mit Matten abgeschottet sind, die meisten Rollläden sind Tag und Nacht unten. Seit Monaten von früh bis spät Lärm, der Staub dringe durch alle Ritzen in die Wohnung, sagt der Betroffene: «Ich kann auch meinen Balkon schon lange nicht mehr benützen.»  Immerhin seien die ganz schweren Bohrplattformen und Baumaschinen jetzt endlich weg.

Entschädigungen: nicht leicht zu bekommen

Ein schwacher Trost: die Verwaltung habe für die Dauer der Bauarbeiten eine monatliche Mietzinsreduktion von 100 Franken gewährt, was etwa 10 bis 15 Prozent entspreche. Man erinnert sich an den Fall des Zürcher «Zopfbecks» Reto Hausamman, der auch in Zollikon eine Bäckerei mit Café betreibt. Er verlangte 170‘000 Franken Schadenersatz von der Stadt Zürich, weil sie seinen Kunden mit einer Baustelle an der Universitätsstrasse den Zugang zum Geschäft sieben Monate lang erschwert hatte.

Während der Bauarbeiten habe er rund 27‘000 Kundinnen und Kunden verloren, sagte er, und ging via Verwaltungsgericht bis vors Bundesgericht, das die Klage jedoch abwies. Es hatte schon 2019 in einem Leiturteil festgehalten, wann bei Strassenbauarbeiten Entschädigungen fällig werden. Drei Punkte müssen erfüllt sein: Mehr als ein halbes Jahr Bautätigkeit (was bei der Waldburg zutrifft), die Intensität der Immissionen samt Zugangsbeschränkungen müsse hoch sein (was ebenfalls zutrifft) und die Umsatzeinbusse müsse bei Geschäften mindestens 20 bis 30 Prozent betragen.

Bei den Mietern spielt es gemäss dem Zürcher Mieterverband eine Rolle, ob ein Bauvorhaben im öffentlichen Interesse liegt (was bei der Waldburg zutrifft). Werde beispielsweise eine neue S-Bahn-Linie erstellt, sei der Anspruch auf eine Reduktion der Mietzinse niedriger als wenn eine Firma in der Nachbarschaft ein Bürogebäude baue. Ob eine Reduktion gewährt werde und wieviel diese ausmache, sei letztlich jedoch Ermessenssache: «In Einzelfällen wurden wegen Bauarbeiten in der Nachbarschaft schon Reduktionen von 20 bis 35 Prozent zugesprochen. Im Normalfall gibt es aber höchstens 10 Prozent.»

Keine Klagen vom Beauty-Geschäft

Wie sieht das bei Caroline Borges mit ihrem «Hair & Beauty»-Geschäft direkt an der Baustelle Waldburg aus? Ihren Laden kann man seit Monaten nur über eine hölzerne Rampe betreten. Auf ihrer Website liest man diese Nachricht: «Wir haben geöffnet! Yes, we’re open, trotz Baustelle! Unser Salon läuft wie gewohnt weiter, auch wenn rundherum gebaut wird.»

Beauty-Salon hinter Schutzmatten
Beauty-Salon hinter Schutzmatten

«Die Baustelle war für uns kein Störfaktor, wir hatten auch keine Umsatzeinbussen, unsere Kundinnen sind trotzdem zu uns gekommen», kann Borges berichten. Sie lobt den Projektleiter der Forchbahn: «Die Kommunikation war immer sehr gut, wir wurden bereits Mitte 2021 über die Arbeiten informiert.»

Auch mit den Leuten von der Baufirma habe es keine Probleme gegeben: «Unser Wunsch, die Schaufenster mit Matten abzudecken, um den Lärm und den Staub abzuhalten, wurde anstandslos erfüllt, wir mussten dafür nicht einmal etwas bezahlen.»

Im Gegenteil. Als Borges das Geschäft im Mai wegen der Bauarbeiten für drei Wochen schliessen musste, erhielt sie von der Forchbahn AG «eine angemessene Entschädigung».

(Vor)-Freude herrscht

Sebastian Ritscher besitzt und bewohnt mit seiner Frau das Haus Forchstrasse 108. Der Zugang erfolgte während Wochen über eine behelfsmässige Holztreppe. «Wir leben auf einer Baustelle, klar, dass das nicht angenehm ist», sagt Rischer, «aber wir verstehen ja auch, warum hier gebaut wird und wollen uns über die Immissionen nicht beschweren.»

Zugang über eine Holztreppe
Zugang über eine Holztreppe

Auch die privaten Anrainer seien von der Forchbahn AG lange im Voraus «umsichtig, fair und vorbildlich informiert» worden, sagt Ritscher. Weil die Forchstrasse um einige Meter südlich verschoben wird, um Platz für das neue, breitere Perron zu schaffen, sei es zur Enteignung eines Landstreifens gekommen. Die Entschädigung sei «ein bisschen weniger hoch gewesen als man im Zollikerberg gemeinhin für den Quadratmeter bezahlt, aber wir waren mit dem Preis einverstanden». 

Für die monatelangen Immissionen habe es keine Entschädigung gegeben, «aber die Wiederherstellung der Umgebung unseres Hauses nach Abschluss der Arbeiten ist für uns von Vorteil». Natürlich habe es auch Anwohner gegeben, die sich über die Einschränkungen beklagt hätten, sagt Ritscher. «Wir freuen uns auf die Bahnstation Waldburg – die Alternative: keine Haltestelle mehr – wäre doch deutlich nachteiliger gewesen».

Die nächste Bauphase

Dieser Tage treten die Bauarbeiten zwischen Rehalp und Waldburg in eine neue Phase ein: Die Forchbahn AG will das waldseitige, neue Geleise in Betrieb nehmen. Die strassenseitigen Schienen deckt man teilweise ab, um eine zusätzliche Fahrspur für die Autos zu schaffen. Dank der Umsetzung dieser Idee eines Einwohners vom Zollikerberg kann der Verkehr trotz der anstehenden Bauarbeiten an der Kantonsstrasse durchgehend zweispurig fliessen.

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