«Vergolden» wir unseren Gemeinderat?
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21. November 2025 – Der Gemeinderat will die Entschädigungen für Behördenmitglieder erhöhen. Wir haben das neue Reglement studiert und vergleichen die geforderten Ansätze mit denen in unseren Nachbargemeinden Küsnacht, Zumikon und Maur.

VON RENE STAUBLI
Ein Blick auf die Tabelle zeigt, dass alle aufgeführten Zolliker Behördenmitglieder künftig eine höhere Grundentschädigung bekommen sollen als ihre AmtskollegInnen in den umliegenden Gemeinden Küsnacht, Zumikon und Maur.
Der Gemeinderat sagt, bei den für ihn vorgesehenen Ansätzen handle es sich «um eine Mischung zwischen einer Entschädigung, die dem Milizgedanken Rechnung trägt und einer Entlöhnung für eine leitende Kaderstellung in einer Unternehmung». Die Anforderungen an politische Behörden seien gestiegen, die öffentliche Erwartungshaltung habe sich gewandelt, und die Vereinbarkeit von Beruf und Behördentätigkeit sei anspruchsvoller geworden.
Er wolle die Entschädigungen «zeitgemäss, transparent und administrativ effizient gestalten», schreibt der Gemeinderat. «Vergolden» wir unsere Behördenmitglieder oder entschädigen wir sie künftig angemessen? Diese Frage können die Stimmberechtigten an der Gemeindeversammlung vom 3. Dezember diskutieren und beantworten.
Ein Blick auf die Gesamtrechnung
Zuletzt kostete uns der Gemeinderat inklusive Spesen und Sitzungsgelder 322’366 Franken pro Jahr. Neu würde er uns inklusive Spesenpauschalen 356’500 Franken kosten – Sitzungsgelder würden keine mehr ausbezahlt. Unter dem Strich würde sich die Arbeit des Gemeinderats also um 34’134 Franken oder 10,6 Prozent verteuern.
Die Schulpflege würde uns statt 171’682 Franken unter dem Strich nur noch 165’000 Franken kosten. Grund: Die Mitarbeiter-Beurteilungen werden nicht mehr von der Schulpflege gemacht, sondern von den Schulleitungen.
Die RGPK soll künftig mit 51’500 Franken gegenüber den aktuellen 45’129 Franken entschädigt werden. Weil die Kommission nicht nur die Rechnungen prüft, sondern auch die Geschäfte (RGPK), werden Mehrkosten von 6’371 Franken veranschlagt.
Zumikon setzt auf Sitzungsgelder
Die Stimmberechtigten von Zumikon werden schon am 29. November über ein neues Entschädigungs-Reglement befinden. Im dortigen Gemeinderat war laut Gemeindeschreiber Thomas Kauflin «ein möglicher Systemwechsel von Grundpauschalen und Sitzungsgeldern hin zu nur noch Pauschalen ein Thema, wurde aber rasch wieder verworfen».
Die verschiedenen Ressort-Vorsteher seien dermassen unterschiedlichen Belastungen ausgesetzt, «dass nahezu für jedes Ressort ein eigener Betrag festgelegt werden müsste, um ‹gerechte und faire› Entschädigungen auszurichten», schreibt Kauflin. Dazu komme, «dass die einzelnen Belastungen je nach Projekt-Schwerpunkten grösseren Schwankungen unterworfen sein können». Mit dem hybriden System von Pauschalen und Sitzungsgeldern könne dies am Besten abgegolten werden. Der Zolliker Gemeinderat sieht das anders.
Sitzungsgelder-Reglemente im Vergleich
Zollikon entrichtet bei Annahme des neuen Reglements wie erwähnt «grundsätzlich» keine Sitzungsgelder mehr. In Ausnahmefällen beträgt der Ansatz (60 Fr./Std.). Übernimmt ein Behörden- oder Kommissionsmitglied jedoch zusätzliche Aufgaben mit «erheblichem Mehraufwand», kann der Gemeinderat bzw. die Schulpflege auf Antrag hin eine angemessene zusätzliche Entschädigung ausrichten.
Küsnacht entrichtet keine Sitzungsgelder. Der Gemeinderat kann aber einzelnen Mitgliedern bei der Übernahme zusätzlicher, grösserer Aufgaben oder in Sonderfällen eine zusätzliche Entschädigung bis zu 8’000 Fr. ausrichten (Schulpflege bis 5’000 Fr. pro Jahr und Mitglied, übrige Behörden bis 2’500 Fr. pro Jahr und Mitglied). Obwohl es sich um Steuergelder handelt, möchte die Kommunikationsverantwortliche nicht verraten, welche Beträge im letzten Jahr ausgerichtet wurden: «Wir können über die Entschädigungen keine konkreten Beträge nennen und auch keine zusätzlichen Angaben machen.»
Zumikon richtet den Behördenmitgliedern Sitzungsgelder von 50 Fr. pro Stunde aus: für die Teilnahme an regulären Sitzungen der jeweiligen Behörde, für Projektsitzungen, Augenscheine, Begehungen oder Teilnahmen an Sitzungen ausserhalb der Gemeinde (z.B. bei Zweckverbänden). Der Stundenansatz soll an der nächsten Gemeindeversammlung auf 60 Franken erhöht werden. Die 2024 ausgerichteten Sitzungsgelder sind in der obigen Tabelle enthalten.
Maur richtet den Behördenmitgliedern keine zusätzlichen Sitzungsgelder aus.
Vergleich der Spesenreglemente
Bei der Handhabung der Spesenpauschalen fällt auf, dass das Zolliker Reglement deutlich grosszügiger ist als das von Zumikon:
Zollikon richtet zusätzlich zur Grundentschädigung fixe jährliche Spesenentschädigungen aus: Gemeindepräsidium 3’000 Fr., Schulpräsidium 2’500 Fr., Gemeinderäte 2’000 Fr., übrige Behördenmitglieder 500 Fr. Es werden keine weiteren Spesen vergütet.
Küsnacht erstattet den Behördenmitgliedern die effektiven Spesen.
Zumikon richtet wie Zollikon fixe jährliche Spesenentschädigungen aus: Gemeinderäte (inkl. Präsidium) 1’500 Fr., SchulpflegerInnen (inkl. Präsidium) 500 Fr.. Alle übrigen Behördenmitglieder rechnen die effektiven Spesen ab.
Maur entschädigt allen Behördenmitgliedern die effektiven Spesen.
Die neue Regelung soll laut Gemeinderat «dazu beitragen, weiterhin qualifizierte Persönlichkeiten für eine Behördentätigkeit zu gewinnen». Die Aufgaben seien für Exekutivmitglieder deutlich komplexer geworden und erforderten «ein hohes Mass an Fachkenntnissen, vernetztem Denken und sozialer Kompetenz».
Von Exekutivmitgliedern werde heute überdies erwartet, «dass sie sich intensiv mit den Anliegen der Bevölkerung auseinandersetzen und jederzeit erreichbar sind». Kritik erfolge dabei «nicht mehr ausschliesslich sachlich, sondern zunehmend auch persönlich», was die Belastung zusätzlich erhöhe.
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