«Also nichts wie los»

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29. November 2022 – An der Gemeindeversammlung vom Mittwoch kommt Franziska Steiner zu ihrem ersten grossen Auftritt auf der Zolliker Politbühne – dies gleich zum Thema Steuersenkung. Sie hat die Nachfolge von Esther Meier angetreten, deren Enkelin sie sein könnte.

Porträt Franziska Steiner
Franziska Steiner (Fotos: rs)

Die SP Zollikon hat im Juni einen Generationenwechsel vollzogen und Franziska Steiner zu ihrer neuen Präsidentin gewählt. Der Umbruch hätte nicht klarer ausfallen können: Hier die 32-jährige Anwältin und Mutter eines einjährigen Kindes, da Esther Meier, ihre 70-jährige Vorgängerin und Grossmutter mehrerer Enkelkinder.

Ganz verschwinden von der lokalpolitischen Bühne wird Esther Meier allerdings nicht, ist sie doch weiterhin Vizepräsidentin des Vorstands. Franziska Steiner ist froh um diese Kontinuität, die es ihr erlaube, sich bei Unsicherheiten bei der erfahrenen Politikerin Rat und Hilfe zu holen.

Ihre eigene politische Laufbahn ist nämlich noch jung. Bei der SP Zollikon hat sie ihre erste Leitungsfunktion übernommen, nachdem sie während knapp zwei Jahren Vorstandsmitglied war. Davor habe sich ihr Engagement darauf beschränkt, herauszufinden, in welche Partei sie überhaupt gehöre. Zu den Grünen? Zur GLP? Sicher nicht zur FDP und noch viel weniger zur SVP. Das Forum 5W habe sie inhaltlich durchaus angesprochen, sei ihr aber zu stark lokal ausgerichtet: «So kristallisierte sich die SP heraus, der ich 2020 dann auch beitrat.»

Dazugehören und etwas bewegen

Der Entscheid ist bemerkenswert, wählte Steiner damit doch jene Partei, die in der FDP-Hochburg Zollikon fast immer im Gegenwind steht. Esther Meier macht denn auch keinen Hehl daraus, dass es «enorm schwierig und oft frustrierend ist, als Linke in einem nahezu rein bürgerlichen Umfeld zu politisieren». Sie erinnert an den Rücktritt der drei Forum 5W-Gemeinderäte Dominique Bühler, Jürgen Schütt und Thomas Bänninger, die 2012 mitten in der Legislatur den Bettel hinwarfen. Man erzählte sich, dass sie es satt gehabt hätten ständig überstimmt zu werden.

Franziska Steiner nimmt es vorderhand gelassen. Sie sei «nicht in erster Linie an politischer Macht interessiert», hält sie fest, sondern wolle sich an dem Ort engagieren und mit den Menschen vernetzen, in deren Umfeld sie wohne und lebe: «Ich will dazugehören und innerhalb dieser Gemeinschaft etwas bewegen.»

Vom Seefeld nach Zollikon

2018 zügelte sie mit ihrem Partner nach Zollikon, nachdem sie bereits vier Jahre in einer Wohngemeinschaft im Zürcher Seefeld gewohnt hatte. Studiert hatte die Juristin in Basel. Seitdem sie im letzten Jahr Mutter wurde, hat sie ihre berufliche Tätigkeit auf 60 Prozent reduziert. Sie arbeitet als Ratschreiberin i. V. beim Bezirksrat in Winterthur und behandelt vor allem Beschwerden gegen KESB-Entscheide.

Vor Jahren schon suchte Esther Meier, damals noch Präsidentin, unter den 37 SP-Mitgliedern zusehends verzweifelt nach Kandidierenden für den Gemeinderat, die Schulpflege und die übrigen Behörden. Franziska Steiner hatte sie schon länger auf dem Radar, nachdem sie mit ihr im Vorstand bereits mehr als ein Jahr zusammengearbeitet hatte. Anfänglich war die junge Frau durchaus bereit, für den Gemeinderat zu kandidieren. Doch dann wurde sie schwanger und zog sich wieder zurück.

Esther Meier aber gab nicht gleich auf und gewann sie schliesslich für das Amt der Präsidentin. Sie hatte längst gemerkt, dass die junge Kollegin der Partei guttun würde: ausgezeichnete IT-Kenntnisse, dazu vertraut mit den Sozialen Medien, geübt in der Beschaffung von Informationen und dank ihrem juristischen Hintergrund auch gewohnt, Gesetzestexte zu lesen und problemlos zu verstehen.

Lachend prognostiziert Esther Meier: «Auf Grund dieser Qualifikationen wird sie wohl schneller reagieren und handeln als ich.» Als 70-Jährige gehöre sie einer Frauengeneration an, die noch sehr auf Harmonie bedacht sei: «Ich war wohl manchmal zu brav, weil ich mich erst dann getraut habe, etwas zu sagen, wenn ich meiner Sache 100prozentig sicher war.»

Fokus auf klassischen SP-Themen

Franziska Steiner nickt. Sie glaube tatsächlich, dass sie es dank ihrer Tätigkeit als Anwältin gewöhnt sei, sich zu exponieren und auch Kritik zu kassieren: «Ich weiss aus Erfahrung, dass solche Angriffe nicht gegen mich als Person gerichtet sind.» Das erlaube es ihr, sich auch einmal «etwas weiter aus dem Fenster zu lehnen».

Kommt dazu, dass sie ein «wahnsinnig extrovertierter Mensch» sei und sich sehr darauf freue, auf die Leute zuzugehen oder sie telefonisch von den Qualitäten der SP zu überzeugen. Dabei werde sie sich auf Themen konzentrieren wie das Sozialwesen, Wohnen, Bildung oder Chancengleichheit, also klassische SP-Themen.

Dass die SP momentan weder im Gemeinderat noch in einer der Behörden vertreten sei, und mit Esther Meiers Rücktritt aus dem Kantonsrat auch noch diese Einflussmöglichkeit zu verlieren drohe, animiere sie, der Partei mehr Präsenz zu verschaffen und damit auch mehr Mitglieder zu gewinnen.

Ihre Vorgängerin nickt. Zollikon sei allerdings ein «hartes Pflaster». Sie hätte immer wieder Veranstaltungen organisiert, die nur selten auf grössere Resonanz gestossen seien. Als die Zürcher Regierungsrats-Kandidatin Priska Seiler Graf in Zollikon auftrat, seien gerade einmal sechs oder sieben Leute gekommen: «Das ist natürlich ein Frust», seufzt sie.

Kandidatur für den Kantonsrat

Franziska Steiner gibt auf jeden Fall Gas. Sie hat bereits erklärt, dass sie neben Josias Zeller, einem Neuzuzüger aus Stäfa, der bereits Erfahrungen als Mitglied der Rechnungsprüfungs-Kommission hat, für den Kantonsrat kandidieren werde. Es reize sie zu erfahren, wie ein Wahlkampf ablaufe: «Ich habe Kapazität, Lust und Freude an der politischen Arbeit.» Also habe sie sich gesagt: «Nichts wie los!» (bl)

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