«Wer es für sein Ego macht, ist falsch gewickelt»

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21. März 2024 – Edwin Fuchs vom Forum 5W fällt in der lokalen Politikszene immer wieder auf. Er fetzt sich gerne mit der SVP, setzt sich für Windräder auf Zolliker Gebiet ein und schreibt deftige Kommentare in der Lokalpresse – Fuchs lässt niemanden kalt. Wie tickt dieser Mann?

Edwin Fuchs (Foto: ZN)
Edwin Fuchs (Foto: ZN)

INTERVIEW: BARBARA LUKESCH

Edwin Fuchs, was sagen Sie zum Vorschlag von Riccardo Wahlenmayer, das Altersheim Blumenrain umzunutzen, daraus kleine Wohnungen zu machen und den alten Menschen im Dorf in einem neuen Beugi-Komplex wieder Heimplätze in einer Art Mehrgenerationen-Projekt anzubieten?

Zur Umnutzung vom Blumenrain sage ich ganz klar nein. Das ist jetzt nun mal ein Alters- und Pflegeheim, und es ist gut so, wie und wo es ist. Auch die Idee, aus dem Blumenrain kleinere Wohnungen für das Pflegepersonal der umliegenden Spitäler zu machen, lehne ich ab, weil es nicht die Aufgabe der Gemeinde Zollikon ist, für die Spitalangestellten in der Umgebung Wohnraum bereit zu stellen. Dazu kommt, dass die meisten heutigen Altersheimbewohner in der Regel stark pflegebedürftig und entsprechend immobil sind. Eine Post, Bank, ein Restaurant oder Lebensmittelladen in ihrer Nähe zu haben, dürfte nicht ihre oberste Priorität sein. Der nebenanliegende Spielplatz bietet im Übrigen eine gute Gelegenheit, sich generationenübergreifend auszutauschen.

Und was ist mit dem Beugi?

Mit dem Beugi muss etwas passieren, das ist unbestritten, und zwar nicht erst in zehn Jahren. Vielleicht kann der Vorschlag Wahlenmayers hier einen wichtigen Impuls geben. Ich selber würde eine Art Mischnutzung befürworten, in der auch günstige Wohnungen vorgesehen sind. Junge Zolliker, die das Elternhaus verlassen, sind heute ja regelrecht gezwungen, aus der Gemeinde wegzuziehen. Die Mieten sind schlicht zu hoch für Menschen in dieser Lebensphase. Da müsste sich der Gemeinderat schon einmal überlegen, ob er dieser Entwicklung tatenlos zuschauen will.

Sie betreiben seit vielen Jahren Lokalpolitik. Was ist Ihre Motivation?

Ich bin ein Verfechter des Milizsystems, und zwar nicht nur in der Politik, sondern auch im Sport oder in der Kultur. Ein Fussballklub oder ein Theaterverein braucht genauso Leute, die ihre Zeit, ihr Wissen und Engagement zur Verfügung stellen wie eine Partei. Den ehren- oder nebenamtlichen Dienst an der Gemeinschaft halte ich für unerlässlich; sonst funktioniert eine Gemeinde nicht.

Seit wann engagieren Sie sich ehrenamtlich?

Angefangen habe ich als Juniorentrainer im Fussball. Unser Sohn stand auf der Warteliste des Vereins, wollte aber unbedingt spielen. Als ich nochmals nachfragte, wann er denn mit einem Platz rechnen könne, hiess es: «Wenn du bei uns das Training der Kleinsten übernimmst, kann er sofort kommen.» So hat’s angefangen, und das habe ich dann rund sechs Jahre lang gemacht. Jeden Freitag um 18 Uhr stand ich auf dem Rasen, nachdem ich den Knirpsen die Tschuttschuhe zugebunden hatte. Die waren noch kleiner als die F-Junioren.

Wie kam es zu Ihrem politischen Engagement?

Ich bin vom Forum 5W angefragt worden, ob ich bereit wäre, für die Schulpflege zu kandidieren. Zu jenem Zeitpunkt habe ich mich nicht gross für institutionelle Politik interessiert. Neben dem Fussball und meiner 100prozentigen Berufstätigkeit fehlte mir schlicht die Zeit. Aber 2010, als die Anfrage kam, war der richtige Moment. Nach sechs Jahren Juniorentrainer hatte ich Lust auf etwas Neues.

Warum haben Sie sich für den Gemeindeverein Forum 5W entschieden? Wäre keine andere Partei in Frage gekommen?

Von Anfang an hat mir am 5W gepasst, dass es rein lokal verankert ist. Alles, was gemacht wird, ist überprüfbar. Dazu gibt es kein klassisches Parteibuch, so dass man mal etwas gut finden kann, was links ist, und das nächste Mal etwas auf der rechten Seite. Das entspricht mir, weil ich überhaupt keine Lust habe, mich in irgendeiner Parteien-Schublade versorgen zu lassen. Mich interessieren primär Anliegen, von denen ich annehme, dass sie der Gemeinde guttun.

Anliegen welcher Art sind das?

Beispielsweise der Versuch, das Dorfleben zu fördern. Wobei ich einräumen muss, dass dieser Versuch nicht wahnsinnig erfolgreich verlaufen ist. Offenbar besteht in der Gemeinde gar kein Bedürfnis nach stärkerem Austausch. Mit der Trennung in Dorf und Berg ist das ja auch nicht so einfach; dazu ist der Dorfplatz in Zollikon nicht besonders einladend. Da fährt man doch lieber nach Zürich, wo man die Vorteile einer grösseren Stadt geniessen kann.

Das klingt ja fast ein bisschen resigniert.

Es ist tatsächlich schwierig, die Zolliker zu motivieren und für etwas Neues zu begeistern. Sie wollen in erster Linie einen tiefen Steuersatz, orientieren sich an der Stadt Zürich und haben im Grunde keine nennenswerten Probleme. Ein Thema wie die Forchstrasse mit ihrem starken Verkehr, was die Bevölkerung wirklich aufregt, wird kantonal geregelt. Da hat Zollikon beziehungsweise der Gemeinderat nicht viel zu melden.

Welche anderen Anliegen sind Ihnen denn noch wichtig?

Natürlich die Schule. Darum war ich ja auch zwölf Jahre in der Schulpflege. Das hatte auch damit zu tun, dass unsere Kinder damals schulpflichtig waren, was ich für eine Voraussetzung für dieses Amt halte. Ein Thema, das eine lokale Organisation wie das 5W sicher angehen muss, sind Spielplätze.

Ist es denn nicht frustrierend, in einer Gemeinde zu politisieren, die fest und unverrückbar in FDP-Hand liegt?

Ja, klar. Das ist so. Innerhalb der Schulpflege war die Zusammenarbeit aber immer sehr fair. Da wurde nicht einfach eine Parteilinie durchgedrückt, sondern sachbezogen diskutiert. Ich kann mich an keinen einzigen Fall erinnern, wo es anders gelaufen wäre. Unter diesen Bedingungen habe ich mich auch gern engagiert und gut und gern ein 20-Prozent-plus-Pensum geleistet.

Für welche Projekte waren Sie verantwortlich?

Ich habe den Vertrag entscheidend geprägt, der zum Zusammenschluss der Zolliker und Zumiker Oberstufe geführt hat. Dazu habe ich die Schulsozialarbeit eingeführt. Und eine Zeitlang habe ich mich speziell für Fragen der Sonderpädagogik eingesetzt.

Wie beurteilen Sie das politische Kräfteverhältnis in der Gemeinde?

(zuckt mit den Achseln) Offensichtlich repräsentiert die FDP das, was die Bevölkerung will. Wer von der FDP für ein Amt aufgestellt wird, ist gewählt. Die 1800 bis 2000 Stimmen, die dazu nötig sind, haben alle Kandidaten stets auf sicher.

Sie müssten mehr in die politische Werbung investieren.

Dazu fehlen uns die finanziellen Mittel. Wir haben zwischen 20 und 30 Mitglieder. Wie wollen Sie da die 25’000 Franken aufbringen, die nötig sind, um einen richtigen Wahlkampf zu finanzieren? Da stehen die FDP, die GLP und die SVP doch ganz anders da.

Der SVP hat das Geld auch nichts genützt. Seit den letzten Wahlen stellt sie kein einziges Mitglied mehr in den Behörden.

Gut, dafür gibt es aber auch einige Gründe.

Nämlich?

Ich glaube, die aggressive Art des Auftretens ihrer Vertreter – beispielsweise an Gemeindeversammlungen – wird von den Zollikern einfach nicht geschätzt.

Gerade an der letzten Gemeindeversammlung war doch aber der Auftritt des SVP-Präsidenten Stephan Geiger gegen Windkrafträder in Zollikerberg inhaltlich interessant und überhaupt nicht aggressiv vorgetragen.

Das stimmt. Trotzdem kommen von Seiten der SVP oft geharnischte Voten, die Zollikon nicht goutiert.

Sie selber hauen ja verbal auch gern mal auf den Putz. Ich erinnere nur an einige Kommentare von Ihnen, die auf «ZollikerNews.ch» in Zusammenhang mit den Problemen in der Schule Rüterwis erschienen sind.

Ich reagiere bloss; ich gehe nie von Anfang an so rein.

Wie würden Sie Ihr politisches Profil beschreiben?

Mitte-links mit ziemlich viel grünem Anteil.

Wo zeigt sich der linke Anteil, und wo die Mitte?

Im Sozialbereich politisiere ich klar links, weil ich der festen Überzeugung bin, dass nicht alle die gleichen Chancen haben. Es gibt Leute, die sich wahnsinnig anstrengen und trotzdem auf keinen grünen Zweig kommen. Die brauchen Unterstützung, und die soll ihnen auch gewährt werden, damit auch sie vernünftig leben können. Weniger links ist meine Meinung in Sachen Gendersprache. Das Zeug mit Sternchen oder Doppelpunkt mache ich nicht mit. Mir ist es auch egal, ob ein Männlein oder ein Weiblein auf der Ampel aufleuchtet. Vielleicht ist das auch eine altersbedingte Reaktion. Ich bin ja nun mal ein alter weisser Mann.

Und wo zeigt sich Ihr grüner Anteil?

Ich schätze unsere Landschaft sehr und finde, es ist wichtig, ihr Sorge zu tragen. Einfach nur brauchen, brauchen, brauchen geht nicht. Stichwort Klimawandel. Egal was man dazu denkt, er findet statt. Nun kann man sich unterschiedlich dazu einstellen. Die einen sagen: Was soll’s? Ich lebe noch 30 Jahre, so lange wird’s schon noch gut gehen; nachher ist es mir egal. Ich sehe das anders. Ich finde, wir sollten uns mehr Mühe geben. Ich habe eine Alpkäser-Ausbildung und bin viel in den Bergen. Ich geniesse es, mich in dieser komplett anderen Welt aufzuhalten, sehe aber auch, welche Herausforderungen der Klimawandel diesen Leuten in Form verschiedener Naturkatastrophen bringt. Im Kleinen betrachtet, finde ich es unnötig, wenn Zolliker Kinder mit dem SUV in die Schule gebracht oder damit drei Gipfeli beim Beck geholt werden. Zu Fuss gehen oder mit dem Velo fahren, rettet die Welt nicht, ist aber ein Beitrag dazu. Analog dazu kann man sagen, dass es Zollikon nicht einen Hauch schlechter geht, wenn ich meine Steuern nicht bezahle. Wenn aber niemand zahlt, ist die Wirkung beträchtlich.

An der bereits erwähnten Gemeindeversammlung haben Sie ein flammendes Plädoyer für Windkrafträder gehalten. Spannend und inhaltlich überzeugend. Wenn man Sie dabei beobachtet hat, bekam man den Eindruck, dass es Ihnen Spass macht, sich mit dem politischen Gegner zu messen.

Das ist so. (lacht) Das Thema hatte natürlich auch seinen ganz besonderen Reiz für mich. Auf der anderen Seite stand die SVP. Es war ja bekannt, dass die Partei nach vergeblichen Versuchen im Kantonsrat nun probierte, solche Projekte auf Gemeindeebene zu bodigen. Ausgehend davon habe ich ein entsprechendes Votum für Windkrafträder auf dem Zollikerberg vorbereitet. Dabei halte ich das Gebiet dort oben nicht einmal für geeignet, es gibt viel zu wenig Wind. Aber ich finde es falsch, eine solche Technologie, die sich ja auch noch rasant entwickeln wird, in Bausch und Bogen abzulehnen und sofort «Nein! Nie!» oder «Ja, aber nicht bei uns!» zu schreien.

Wie stehen Sie denn zur Solarstrategie der Gemeinde?

Die ist nicht gut. Die Schulhäuser wären längst parat von der technischen Einrichtung her; die Solarpanels würden auch niemanden stören und keinem wehtun. Trotzdem dauert das eine Ewigkeit. Das muss jetzt endlich einmal vorwärtsgehen.

Wer beim F5W ist, beschränkt seine politischen Möglichkeiten auf die Gemeinde. Ist das kein Problem für Sie?

Überhaupt nicht. Meine politischen Ambitionen sind limitiert. Ich hatte auch nie den Ehrgeiz, Schulpräsident zu werden. Das geht einfach nicht mit einem vollen Job und einer Familie mit drei Kindern. Wer allerdings das Ziel hat, über die Gemeinde hinaus politisch aktiv zu werden, kann ja gleichzeitig Mitglied einer anderen Partei werden. Einige unserer Leute sind gleichzeitig bei der FDP, SP oder GLP dabei.  

Was muss man mitbringen, um als Lokalpolitiker Erfolg zu haben?

Man muss sich für die Themen in seinem lokalen Umfeld wirklich interessieren. Nur dann bringt man auch die nötige Zeit auf, um sich ernsthaft darin zu vertiefen. Wer es für sein Ego macht, ist falsch gewickelt. Als Schulpfleger sind Sie niemand im Dorf und keiner, der Ihnen begegnet, sagt: «Boah, der Fuchs!» Die paar, die ein solches Amt als Sprungbrett für eine weiterführende Politkarriere nutzen können, lassen sich an einer Hand abzählen. Mein Treiber war stets der Wunsch, etwas zum Wohl der Gemeinschaft beizutragen.

Edwin Fuchs, 62, ist Elektroingenieur, lebt im Dorf und arbeitet bei der Swisscom im IT-Outsourcing-Bereich. Als Mitglied des Forums 5W war er 12 Jahre lang Schulpfleger. Er ist verheiratet und hat zwei Söhne und eine Tochter im Alter von 19 bis 27 Jahren.

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