BabyCute fotografiert 17’000 Babys pro Jahr

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4. Januar 2022 – Die Babygalerie des Spitals Zollikerberg geniesst viel Sympathie. Auf den niedlichen Fotos ist der pastellfarbene Schriftzug «BabyCute» fast nicht zu erkennen. Dahinter verbirgt sich eine Luzerner Firma, die im Begriff ist, die Deutschschweiz zu erobern.  

Fotografin lichtet Baby ab
Fotografin bei der Arbeit

Alois Kaufmann ist seit 25 Jahren selbständiger Fotograf. Er lichtete in der Region Luzern fast alles ab, was ihm vor die Linse kam. Er war bei Hochzeiten dabei, Gesellschaftsanlässen und übernahm auch Aufträge von Industriefirmen. Einen besonders engen Draht hatte er zu den Luzerner Spitälern, für die er Operationen, neue Gebäude, Manager und ganze Spitalteams fotografierte. «In der Region kannten mich alle», sagt Kaufmann, und das machte sich eines Tages bezahlt.  

Doch der Reihe nach: In der Geburtenabteilung des Luzerner Kantonsspitals wuchsen die Vorbehalte gegen die vielen von Vätern und Müttern engagierten Fotografinnen und Fotografen, die unangemeldet in der Klinik auftauchten, um Neugeborene abzulichten. Das Kommen und Gehen schuf Unruhe und war auch aus hygienischer Sicht ein Problem; die Klinik wollte eine bessere Lösung.

Also suchte sie das Gespräch mit dem ihr bestens bekannten Kaufmann. Er vereinbarte mit den Verantwortlichen, mehr Ruhe und Struktur in die Babyfotografie zu bringen und sie auf eine professionellere Basis zu stellen. In der Folge erfand er das «rollende Fotostudio».

Das «rollende Fotostudio»

Dabei handelt es sich um eine Art Kommode auf Rollen mit einer weichen Liegefläche, auf die das Baby gebettet wird. Links und rechts sind grosse, bewegliche Fotoschirme angebracht, die den Säugling in ideales Licht tauchen. Ein Wärmestrahler sorgt dafür, dass das Baby nicht friert. Mit einem Handgriff lässt sich die Rückwand des «rollenden Fotostudios» auswechseln, sodass das Kind vor zwei verschiedenen, farblich dezenten Hintergrundmustern fotografiert werden kann. In den Schubladen liegen Utensilien wie Wickelhöschen, Plüschtierchen und Stirnbänder bereit.

«Die Mütter wissen genau, was sie für Fotos wollen», sagt Kaufmann. Es reiche nicht mehr, nach einer Geburt wie früher 08.15-Fotos zu machen. Heute werde «moderne Babyfotografie verlangt, wie wir sie aus den USA unter dem Begriff ‹Newborn-Bilder› kennen». Das Baby werde «gepuckt», will heissen straff in ein Tuch eingewickelt, wie es bei Naturvölkern üblich ist. Die Kleinen mögen das, weil es  sie an die Enge im Mutterleib erinnert. Sie werden ruhig und schlafen oft selig ein.

Dann werden die Babys auf eine «zarte Wolke», auf Kissen oder Tücher in dezenten Farben gelegt. Oder in eine weich ausgekleidete handgearbeitete Holzschale, die Naturverbundenheit signalisiert. Auf diese Weise entstehen rührende Bilder. Im Frühling letzten Jahres taufte Kaufmann sein schnell wachsendes Unternehmen von Fotovision auf BabyCute um. Das englische «Cute» bedeutet «niedlich».

Die Firma beschäftigt ausschliesslich professionelle Fotografinnen, die in Kursen auf dieses spezielle Metier vorbereitet werden. «Männer wären in einer Geburtsklinik fehl am Platz», sagt Kaufmann. Im vergangenen Jahr fotografierten sie rund 17’000 Babys. Das Geheimnis des kommerziellen Erfolgs der BabyCute AG gründet darin, dass der ganze Prozess straff durchorganisiert und digitalisiert ist. Er beginnt bei einer Gratisdienstleistung und mündet in ein tragfähiges Geschäftsmodell.

Organisation ist alles

Die werdenden Mütter bekommen bereits vor dem Eintritt in die Klinik einen Flyer, der ihnen erklärt, wie BabyCute funktoniert. Die Firma verspricht ihnen 1 bis 2 Tage nach der Geburt ein 30-minütiges professionelles Neugeborenen-Fotoshooting, das kostenlos und an keine Bedingungen geknüpft ist.

Die Fotografin fährt das «rollende Studio» auf die Geburtenabteilung. Die Mutter kommt mit ihrem Baby aus dem Zimmer und lässt es fotografieren. Idealerweise sollte das Kleine keinen Hunger haben. Wenn es trotz guter Vorbereitung nicht in der richtigen Stimmung ist, kann die Mutter das Fotoshooting verschieben.

Anschliessend bekommt sie gratis ein 10×15-Foto auf Papier. Wenn sie einverstanden ist, schickt BabyCute der Klinik ein Foto, das in die Babygalerie eingereiht wird. Schliesslich bekommt die Mutter einen Code, mit dem sie sich bei BabyCute einloggen und die rund 30 Fotos ihres Babys anschauen kann, auch dies ohne Kostenfolge.

Nach diesen «Appetizern» beginnt der kommerzielle Teil. Im Onlineshop von BabyCute kann sich die Mutter gegen Entgelt alle 30 Fotos digital herunterladen und anschliessend beliebig verwenden. Sie hat auch die Möglichkeit, mit den schönsten Bildern ein Fotobuch in Auftrag zu geben, einen Jahreskalender mit den Fotos ihres Babys zu bestellen oder ein besonders schönes Bild auf Leinen aufziehen und rahmen zu lassen. Nach 90 Tagen werden die Fotos unwiderruflich vom Server gelöscht.

Prosperierendes Unternehmen

Alois Kaufmann beschäftigt inzwischen 32 Mitarbeitende – 10 Vollzeitangestellte in der Zentrale im Luzernischen Schenkon, die alles organisieren und die Produkte herstellen. Dazu 22 Fotografinnen mit Pensen zwischen 20 und 70 Prozent im Umkreis der 12 vertraglich an BabyCute gebundenen Kliniken. In jeder Geburtenabteilung steht ein «rollendes Studio» ausser in der Zürcher Hirslandenklink, die gleich ein Fotostudio eingerichtet hat.

Die Hirslanden-Gruppe ist mit fünf Kliniken in Aarau, Cham, Luzern, Zürich und St. Gallen denn auch die grösste Kundin von BabyCute. Mit den Geburtsabteilungen in Luzern, Sursee und Wolhusen ist auch das Luzerner Kantonsspital prominent vertreten. Dazu kommen das Lindenhofspital in Bern, das Bethesda in Basel, das Kantonsspital Frauenfeld und die Geburtshilfe des Spitals Zollikerberg.

Kaufmann hofft, in fünf Jahren in 25 Schweizer Spitälern gegen 40’000 Babys fotografieren zu können. Selber greift er schon lange nicht mehr zur Kamera. Er führt die Geschäfte, besucht «seine» Kliniken und bemüht sich, zusätzliche Kunden zu gewinnen. Er sagt: «Ich habe meinen Traumjob gefunden.» (rs)

CEO Alois Kaufmann
BabyCute-Chef Alois Kaufmann (Fotos: pd)

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