Dennis Bühler: Fest im Griff der Medien

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4. Februar 2022 – Die Abstimmung über das Medienförderungs-Gesetz erhitzt die Gemüter. Eine gute Gelegenheit, um den jungen Zolliker Dennis Bühler zu porträtieren, den Bundeshaus- und Medienredaktor des Online-Magazins »Republik».

Porträt Dennis Bühler
Der Zolliker Journalist Dennis Bühler (Foto: zvg)

Dennis Bühler verdankt seine Existenz dem Journalismus. Das ist kein Witz und auch keine Übertreibung, haben sich seine Eltern Peter und Dominique Bühler doch in der Ringier-Journalistenschule kennen- und lieben gelernt. Von da an hatte die Medienwelt ihn fest im Griff.

Bereits als Säugling zierte er halbnackt das Cover von «Wir Eltern», der Familienzeitschrift, für die seine Mutter damals als freie Mitarbeiterin schrieb. «Ein Fall von Missbrauch?», fragt der inzwischen 35-Jährige via Zoom grinsend.

Sobald er laufen konnte, trat der Fussball in sein Leben. Er spielte als Junior beim SC Zollikon und interessierte sich bald für die Sportberichterstattung. Kein Wunder, sein Vater arbeitete als Sportredaktor mit Spezialgebiet Fussball beim «Tages-Anzeiger». Schon als Primarschüler las Dennis seine Berichte, dazu die Sportteile des «Blick» und der Sonntagszeitungen sowie alle Fussballmagazine, die zuhause herumlagen. Einer seiner ersten Berufswünsche war denn auch: «Sportchef beim Blick».

Kritischer Gegenleser

Schon mit 9 griff er selber in den Journalismus ein. Als 1996 in England die Fussball-EM stattfand, war sein Vater als Berichterstatter vor Ort. Weil es damals so gut wie kein brauchbares Internet gab, überflog der Drittklässler früh am Morgen vor Schulbeginn den Sportteil der Zeitungen, die die Familie abonniert hatte, und schnitt jene Artikel aus, die er für wichtig hielt. Er klebte sie auf A4-Blätter und faxte sie ins Hotel seines Vaters, wo der Portier sie entgegennahm und «Mister Bühler» unter der Tür seines Zimmers hindurchschob. Sobald der Gast aus der Schweiz erwachte, las er noch im Bett liegend die aktuelle EM-Berichterstattung der ihm vertrauten Medien.

In jener Zeit begann Dennis auch damit, die Artikel seines Vaters vor der Drucklegung kritisch gegenzulesen. In Sachen Kommaregeln sei er schon damals klar besser gewesen als er. «Das klingt ein bisschen fies», räumt er ein, «aber es war so.»

Wie gut er selber schreiben konnte, bewies er erstmals als 16-Jähriger. Der damalige Chefredaktor des «Zolliker Boten» – Heinz Moergeli – beauftragte den jungen Bühler, der früh in der ersten Mannschaft des SC Zollikon spielte, für 80 Franken pro Anlass Matchberichte zu verfassen. So habe seine journalistische Laufbahn begonnen, sagt er, und er müsse zugeben, dass seine ersten Texte medienethisch höchst fragwürdig gewesen seien: «Ich habe über etwas geschrieben, von dem ich selber Teil war.» Gelöst habe er sein Dilemma, indem er sich im Matchbericht – er war Verteidiger –  mehr als einmal die Schuld an Gegentoren gegeben habe.

Einstieg in den politischen Journalismus

Dennis Bühler blieb dem Lokaljournalismus fürs Erste treu. Zusätzlich schrieb er für den «Küsnachter», ab 2006 dann vor allem für die neue regionale Splitausgabe des «Tages-Anzeigers», die in Stäfa ihren Sitz hatte. Zum einen über Sport, zusehends häufiger aber auch über politische Themen. Das Interesse daran hatte auch familiäre Wurzeln, schliesslich war seine Mutter Dominique von 2006 bis 2012 Gemeinderätin für das Forum 5W in Zollikon: «Politik war bei uns daheim genauso präsent wie Fussball,» erinnert er sich. Passend dazu studierte er Politikwissenschaft an der Uni Zürich und schloss mit einem Bachelor ab.

Bis zu jenem Zeitpunkt war er als Journalist erfolgreich nach dem Prinzip «learning by doing» verfahren. 2010 wollte er es genauer wissen und absolvierte das zweijährige Journalismusstudium, das das Medienausbildungszentrum MAZ in Luzern gemeinsam mit der Hamburg Media School durchführte. Er genoss den intensiven Austausch mit seiner Klasse und interessierte sich zusehends für Fächer wie Medienpolitik, -ethik und -recht. Mit 26 Jahren hatte er seinen Master in der Tasche und ein Angebot der «Südostschweiz» auf dem Tisch.

Nach sechs Jahren als Inland- und Bundeshausredaktor, zwei davon in Chur, vier in Bern, wurde er Opfer einer internen Restrukturierung und verlor seine Stelle. Die Gerüchte hielten sich hartnäckig, dass er auch entlassen worden sei, weil er sich zu kritisch über seine Vorgesetzten geäussert habe.

Bühler zuckt mit den Achseln. Es sei sicher nicht zu seinem Vorteil gewesen, dass er nach dem Bezug eines neuen prunkvollen Verlagsgebäudes im Lokalradio gesagt habe, es störe ihn, dass Verleger Hanspeter Lebrument mehr in Beton als in Köpfe investiere. Er habe zwar nie eine direkte Reaktion darauf gehört, konstatiert er lakonisch, aber letztlich sei es ihm auch egal.

Wechsel zur «Republik»

Klar, schliesslich konnte er wenige Monate später zum Online-Magazin «Republik» wechseln, wo er seither mit einem 80 Prozent-Pensum als Bundeshaus- und Medienredaktor tätig ist. Er habe Freude an dieser Stelle, sagt er, weil er keine Chronistenpflicht mehr habe wie auf einer tagesaktuellen Redaktion, sondern viel Freiheit bei der Auswahl und der Bearbeitung der Themen.

Dass er häufig über die FDP schreibe, sei mehr Zufall als Ausdruck von politischer Sympathie. Bei der «Südostschweiz» sei er für Bundesrat Schneider-Ammann journalistisch verantwortlich gewesen, habe jede seiner Pressekonferenzen besucht und ihn sogar einmal auf eine Bundesratsreise nach China begleitet: «So habe ich den Vorteil, dass ich mehr als andere über die FDP weiss.»

Was ihn noch mehr begeistert habe, seien die beiden grossen Recherchen, an denen er bisher beteiligt war: 2019 über einen Skandal an der ETH, zwei Jahre später über die auch national Aufsehen erregende Krise an der Herzklinik des Zürcher Unispitals, die zur Entlassung von Chefarzt Maisano führte. Das seien berufliche Highlights für ihn gewesen.

Dass die Maisano-Serie ihm und seinen beiden Redaktionskollegen gerade kürzlich eine Rüge des Presserats, die erste in seiner Laufbahn, eingetragen habe, nehme er entgegen und gelobe Besserung. Beanstandet wurde, dass sie den Namen von Maisanos Gegenspieler, einem leitenden Arzt, genannt hatten.

Dem Schweizer Presserat, der hiesigen Instanz für medienethische Fragen und Beschwerden, gehört Bühler selber seit knapp sechs Jahren an. Dieses Engagement ist ebenso eine Folge seines Masterstudiums wie seine Tätigkeit als Dozent im Fach Medienethik am MAZ und zwei Radioschulen in Zürich und St. Gallen. Er hält die Beschäftigung mit diesen Fragen für «dringend nötig», weil er wisse, dass auch seine Branche Fehler mache und sich diesen unbedingt stellen müsse. Ausdruck dieses Interesses sind auch seine jüngsten «Republik»-Artikel, in denen er sich mit dem Medienförderungsgesetz beschäftigt hat (siehe nachfolgendes Interview).

Hohe Belastung

Langsam beginnt man zu rechnen: 80 Prozent-Redaktor bei der «Republik», Vorstandsmitglied im Presserat mit sechs nahrhaften Sitzungen pro Jahr, die jeweils mehrere Tage Vorbereitung erfordern, fünfzehn Tage Unterricht in Medienethik pro Jahr verbunden mit Prüfungsabnahmen. Ganz schön viel. Das sei noch nicht alles, gibt er zu. Er präsidiere auch das Herausgeber-Gremium des Gesellschaftsmagazins «Ernst», sei Mitglied im Reporterforum Schweiz, Spielertrainer bei Energie Bitzius, einem Fussballklub der Alternativliga in Bern, wo er seit vielen Jahren wohnt, und bis vor kurzem sei er noch Vorstandsmitglied beim SC Zollikon gewesen.

Dass er diesen Posten geräumt habe, sei eine erste berufliche Konsequenz seiner Vaterschaft: Im November letzten Jahres ist sein Sohn zur Welt gekommen. Er sei sich im Klaren, dass er noch mehr reduzieren müsse, wisse aber noch nicht, wo und wieviel. Vielleicht müsse er auch bei der «Republik» auf 60 Prozent runter, «oder 70», wie er etwas leiser nachschiebt. Die Medienwelt hat ihn nach wie vor fest im Griff. (bl)

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ABSTIMMUNG MEDIENFÖRDERUNGSGESETZ

«Ein Ja, um das Nein zu verhindern»

Dennis Bühler beschäftigt sich in seiner journalistischen Arbeit seit langem regelmässig mit Medienpolitik und medienethischen Fragen. Er beurteilt das Gesetz über die Medienförderung, über das am 13. Februar abgestimmt wird.

Das neue Gesetz will rund 150 Millionen Franken an staatlichen Geldern zur Förderung der Früh- und Sonntagszustellung von Printtiteln sowie zur Unterstützung von kleineren Online-Plattformen, Journalistenschulen und dem Presserat bereitstellen. Was halten Sie davon?

Journalismus ist wichtig, um die Informiertheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Gerade in einer direkten Demokratie, in der die Leute viele politische Entscheide selber treffen, müssen sie wissen, worüber sie abstimmen. Journalismus erlaubt ihnen aber auch, am gesellschaftlichen, kulturellen und sportlichen Leben teilzunehmen. Doch die Branche ist in einer strukturellen Finanzierungskrise, weil Google und Facebook grosse Teile der Inserate abgesogen und die Verlage bisher kein Mittel dagegen gefunden haben. Um die nötige Transformation dennoch zu schaffen, braucht es die auf sieben Jahre beschränkte Medienförderung, die den Verantwortlichen Luft verschafft für die Entwicklung neuer Ideen.

Die Gegner warnen vor dem Schreckgespenst der Staatsmedien. Würde das Gesetz Ihrer Meinung nach aus kritischen Medienschaffenden zahnlose Lohnschreiber machen?

Davor habe ich keine Angst. Journalistinnen und Journalisten haben ein Interesse daran, kritisch zu bleiben, vor allem auch gegenüber dem Staat, weil ihre Leserschaft das zu Recht von ihnen erwartet. Das ist der eine Aspekt. Der andere ist, dass es deutlich folgenschwerer, ja, gefährlicher ist, von privaten Investoren abhängig zu sein, aber auch von Inserenten. Warum gibt es so wenig kritische Artikel in den hiesigen Medien über Migros, Coop, Denner, Lidl und Aldi? Weil sie inzwischen die einzigen sind, die nach wie vor grosse Werbekampagnen fahren.

Auch die «Republik» tut sich schwer mit dem Gesetz.  Die vielen Millionen, die bei Zustimmung zur  Medienförderung bei Grossverlagen wie TX Group oder Ringier landen würden, müssen für ein linkes Medium tatsächlich ungeniessbar sein.

Das Gesetz ist nicht das Gelbe vom Ei, sondern ein Kompromiss, der sowohl den Bundesrat wie das Parlament zufriedenstellen sollte. Das macht das Gesetz auch so angreifbar. Die Linken stören sich zu Recht an den erwähnten Millionen für hochprofitable Konzerne wie die TX Group («Tages-Anzeiger», «20 Minuten»). Die Rechten machen mobil gegen die 150 Millionen an sich – zu viel aus ihrer Sicht. Meiner Meinung nach kann sich die Schweiz diesen Betrag locker aus dem Staatshaushalt leisten, es werden ja nicht einmal zusätzliche Gebühren dafür erhoben.  

Wie werden Sie abstimmen?

Ich werde Ja stimmen, nicht weil ich Feuer und Flamme bin, aber weil ich ein Nein unbedingt verhindern möchte.

Mit welchem Ergebnis rechnen Sie?

Schwer zu sagen. Kurz vor der Abstimmung ist zwar noch alles offen, aber realistischerweise muss man wohl von einer Ablehnung ausgehen.

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