Der Stress wurde immer grösser

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23. April 2024 – In den kalten, nassen Wochen des April muss man jederzeit mit Schnupfen und Husten rechnen. Halb so wild – im Normalfall. Unangenehm kann es werden, wenn man sich in genau solchen Momenten der Öffentlichkeit aussetzen muss. Ein erhöhter Stresspegel ist garantiert.

Hustenviren
Unangenehme Zeitgenossen: Hustenviren (Foto: Pixabay)

VON BARBARA LUKESCH

Die Erkältung kam auf leisen Sohlen: erst Halsweh, dann Niesen, dazu eine unentwegt laufende Nase. Zuletzt der Husten. Hart, heftig und unkontrollierbar. Dumm war, dass ich ausgerechnet an jenem Tag, an dem es am schlimmsten war, einen «Talk am Puls» hatte. Das heisst, ich musste vor Publikum ein einstündiges Gespräch mit der Pädagogin Ruth Baumgartner führen, die eine Schule für sehr herausfordernde Kinder in Männedorf leitet.

Im Verlauf des Tages geriet ich zusehends in Stress, weil ich mir ausmalte, wie ich auf der Bühne, noch dazu ausgestattet mit einem Headset, der alles dreimal so laut macht, einen Hustenanfall bekomme: In Gedanken hustete und hustete ich und konnte den Anfall nicht stoppen. Voller Verzweiflung rannte ich in die Apotheke und schilderte meine Not. Die Verkäuferin hatte ein Einsehen, und nach Rücksprache mit ihrer Chefin verkaufte sie mir ein eigentlich rezeptpflichtiges Medikament. Sie verabschiedete mich mit warmen Worten und wünschte mir alles Gute.

Im Büro waren meine KollegInnen voller Mitgefühl. Eine meinte, sie schwöre auf Emser Pastillen und überliess mir ein angebrochenes Päckchen. «Sie schmecken zwar schrecklich», meinte sie, «aber sie tun ihre Wirkung.» Eine andere händigte mir eine Schachtel Ricola Kräuterbonbons aus; auch die würden nützen.

Ich trank Tasse um Tasse Tee und inhalierte mit Thymianöl angereicherten Wasserdampf. Von meinem Mann wusste ich, dass ihm diese Hausmittel jeweils extrem guttun.

Gegen Abend kochte ich mir eine weitere Thermoskanne Tee, schluckte nochmals Hustentropfen und machte mich auf den Weg. Mein Lampenfieber war gross. Wie es der Zufall so wollte, kamen zu dem Anlass gegen 100 Leute; der Saal war rappelvoll, und meine Angst wuchs proportional.

Ich präparierte mein Tischchen mit Tee, Emser Pastillen und Ricola-Zeltli.

Am Anfang ging alles gut; meine Stimme war zwar heiser und etwas angeschlagen. Aber meine ersten Fragen kamen reibungslos. Im Hinterkopf lauerte trotzdem die Angst. Unentwegt war ein Teil meiner Gedanken bei einem Hustenanfall. Logisch musste er dann irgendwann kommen. Meine Fixiertheit hatte ihn ja regelrecht herausgekitzelt. Der erste kam und ebbte wieder ab; ich trank Tee, der linderte den Reiz etwas. Dann kam der Husten häufiger und intensiver. Was tun? Ich drückte eine Emser Pastille aus der Verpackung. Die salzige Tablette mit der leicht rauen Oberfläche schmeckte wirklich seltsam, aber sie linderte den Hustenreiz merklich. Ich schob sofort eine zweite nach, danach noch eine dritte – sie bewahrten mich vor dem Übungsabbruch.

Dann war es geschafft. Selten war ich so froh, dass ein Talk vorüber war. Das Publikum spendete Applaus und bedachte mich mit einer Extraportion. Es hatte offenbar mitgelitten, was sich auch in vielen anschliessenden Reaktionen zeigte.

Ende gut, alles gut? Moment.

Für den nächsten Abend hatten wir Karten für die Oper in Zürich. «Carmen». Undenkbar sie nicht zu nutzen. Ausgerüstet mit lauwarmem Wasser und einer frischen Packung Emser Pastillen wehrte ich die ersten Hustenattacken wie am Vortag ab.

Doch nach der Pause wurde der Hustenreiz stärker und mit ihm der psychische Stress. Das Pet-Fläschchen war irgendwann leer, und mehr als eine Pastille im Mund war auch keine Lösung. Zudem drehte sich die Frau im schwarzen Paillettenkleid direkt vor mir wiederholt um und warf mir einen richtig bösen Blick zu. Klar. Verstehe ich ja. Nur: meinem Stress tat ihr Zorn nicht gut. Ich wurde noch nervöser. Kurz: eine Dreiviertelstunde vor Schluss verliess ich – geschüttelt von einem neuerlichen Anfall – die heilige Stätte und wartete im Foyer. Die Platzanweiserinnen kümmerten sich rührend um mich. Von dem Moment an beruhigte sich auch mein Husten.»

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