Eine grosse Tradition geht zu Ende

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26. März 2022 – In kommenden Frühling endet in der «Trichti» ziemlich sicher die 150-jährige, blühende Wirtshaus-Tradition. Die Zolliker Eigentümer planen einen Umbau. Ein Blick auf die tausendjährige Geschichte der Trichtenhauser Mühle.

Gemälde an Wand von der Trichti
Wandgemälde neben dem Eingang (Foto: rs)

Die NZZ meinte es etwas zu gut, als sie am 25. Januar 2018 in der Einleitung zu einer Gastrokritik behauptete, in der «Trichtenhausermühle» werde «seit über 1000 Jahren gewirtet». Der Schreiber liess sich wohl von der Wandmalerei neben dem Eingang mit den Mehlsäcken, dem Trichter, dem hölzernen Antriebsrad und dem Schriftzug «seit 946 Truhtil-Husa» beeindrucken.

Verbrieft ist, dass die «Trichti», wie sie im Volksmund liebevoll genannt wird, im Jahr 1872 in den Besitz der Zolliker Familie Heer kam, der sie noch heute gehört. Ob es diese Familie war oder ihre Vorgänger, die sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts mit der Eröffnung der «Speisewirtschaft zur Mühle» einen zusätzlichen Verdienst sicherten, muss offen bleiben.

Tatsache ist, dass die Mühle jahrzehntelang zu den beliebtesten Ausflugszielen in der näheren Umgebung gehörte. Die Städter liebten es, mit Kind und Kegel von der Burgwies das Wehrenbachtobel hinauf zu spazieren und es sich in der grossen Gartenwirtschaft gutgehen zu lassen, laut dem Zolliker Jahrheft 1982 bei «einem Gläschen Roten, einem Apfelmost mit Käse, Bauernschüblingen, Schinken und Speck, Bauernbrot und Wähen». Gesellschaft leisteten ihnen Gäste, die von Witikon her den steilen Berg herunterkamen und natürlich Zollikerinnen und Zolliker. Für die Kinder gab es eine «Gigampfi».

Gartenwirtschaft Trichti
Fröhliche Gesellschaft um 1900 (Fotos: Ortsmuseum Zollikon)
Postkarte Trichtenhausen
Postkarte von Trichtenhausen um 1900
Sägerei Trichtenhausen
Sägerei der «Trichti» um 1900
Hauptgebäude Trichtenhausen
Hauptgebäude um 1907
Trichtenhausen um 1910
Festlich gekleidete Gäste um 1910 – rechts die «Gigampfi»
Idyllischer Flecken Trichtenhausen
Ein Idyll im Wehrenbachtobel: Trichtenhausen um 1910

Diese Volksfeste sind schon lange Vergangenheit, und nun ist auch das Ende der 150-jährigen Wirtshaus-Tradition in Sicht. Die Besitzerfamilie Heer klärt derzeit ab, wie es mit der «Trichti» weitergehen soll. Eine Möglichkeit wären Wohnungen anstelle des Restaurants. Mit den Wirtsleuten habe man schon vor längerem ausgemacht, dass der Pachtvertrag im Frühling 2023 endet. Dann wird nach seiner Frau Yvonne auch der Wirt Robert Rhyner das Pensionsalter erreicht haben. Das Lokal für einen neuen Pächter auf den Stand der Zeit zu bringen, würde «massivste Investitionen bedingen», so die Eigentümer.

«Der absehbare Abschied stimmt uns nach so langer Zeit, in der wir super gearbeitet haben, natürlich traurig», sagt Robert Rhyner. Aber auch ihm sei klar, dass man viel Geld in die überkommene Infrastruktur stecken müsste.

Erste Erwähnung um 942

Der Kernbau der Trichtenhausermühle ist auf das Jahr 1666 datiert. Doch die Geschichte des Hauses reicht noch viel weiter zurück. Am 28. April 946 vereinbarten die Grossmünsterpropstei und die St. Peterskirche eine Aufteilung ihrer Einkünfte. Dabei wurde ein «Zehnten von Truhtil-Husa» erwähnt. Die Steuern mussten damals der Obrigkeit alljährlich in Form von Naturalien abgeliefert werden: Getreide, Hühner und Eier. Der Lehrer Albert Heer schrieb in seiner «Heimatkunde Zollikon», dass der Ort schon im Jahr 942 als ‹Truhtilhusa› erwähnt worden sei. Der Name habe sich auf die Niederlassungen um die Kapelle im Zollikerberg bezogen, der heutigen Unterhueb. «Truchtenhusen», schloss Heer daraus, sei «demnach auf Truchtilo (Wolfsmann) zurückzuführen». Spätere Deutungen, der Name seit von Trichter abgeleitet worden, seien falsch.

In der Schilderung der damaligen Zustände beweist Heer schriftstellerische Qualitäten: «Hier hauste als vielbegehrter Mann ebenfalls ein Müller und Säger, und gar heimelig schallten das Rädergeklapper und das Kreischen der Säge in die benachbarten Höfe hinauf.» Unter anderem erfährt man, dass der Müller im Jahr 1743 seine Anlage verbessern und ausbauen wollte. Schon damals herrschte offenbar ein beinharter Wettbewerb: «Alleine seine Konkurrenten, die Müller von Hirslanden, Zollikon und von Tobel (Forch) erhoben Einsprache, weil sie sich dadurch benachteiligt glaubten. Der Trichtenhauser musste wirklich von seinem Vorhaben lassen.»

Nützliche, gefährliche Wasserkraft

Die Mühle war im engen Tobel ideal platziert, um die Wasserkraft des Wehrenbachs zu nutzen. Sie wurde aber auch mehrmals von schweren Überschwemmungen heimgesucht. Die schlimmste ereignete sich am 8. Juli 1778, als sich über Zumikon ein riesiges Unwetter entlud. Der Geschworene Johannes Thomann aus dem Zolliker Chleidorf schrieb in sein Tagebuch: «Erschrecklich und betrübt war auch der Anblick, so der Werenbach angerichtet, in dem es dem Müller zu Trichtenhusen sein Wuer, ein Teil von der Mülle, die Wohnstuben ganz wegnahm, so dass er bloss noch hat mögen entfliehen und mit seiner Haushaltung das Leben retten. Ferner das klein Mülleli und die Sagen völlig hinweggenommen.»

Im Hauptgebäude, wo heute im Restaurant gegessen wird, waren früher zwei «Mahlgänge» (Produktionsstrassen) installiert, die von einem zehn Meter hohen Wasserrad angetrieben wurden. Mit einem kleineren Rad setzte man die Säge, die «Ölreibe» und die «Knochenstampfe» in Gang. Damals wurde in der Schweiz phosphathaltiges Knochenmehl als Dünger verwendet. Das Wasserrad drehte einen Stamm, der als Nockenwelle diente. Eingelassene Holzzapfen hoben schwere Stössel an, die auf die ausgekochten Knochen niederkrachten, bis in den Eisentrögen nur noch Mehl zurückblieb. Daneben wurde in der Trichtenhauser Stampfi auch Hanf gebrochen.

Das Ende der Mühle

Müller hätten damals ein hohes Ansehen genossen und seien nicht selten zu Richtern, Hauptmännern oder Untervögten ernannt worden, heisst es im Zolliker Jahrheft. So sei zu Beginn des 19. Jahrhunderts der Trichtenhauser Müller Heinrich Weidmann «Präsident im Zollikerberg» gewesen. Während des Ersten Weltkriegs musste die veraltete Mühle ihren Betrieb dann einstellen. «Leider ist auch das grosse Wasserrad, das Wahrzeichen der einstigen Mühle, verschwunden», entnimmt man dem Buch von Albert Heer. 1932 wurden die beiden Mühlräder entfernt. Bei einer umfassenden Renovation im Jahr 1963 gelang es, die ursprüngliche Gestalt der «Truhtil-Husa» zu bewahren und gleichzeitig die Gaststätte auf den Stand der Zeit zu bringen.

Im Bericht der Zürcher Denkmalpflege von 1968/69 erfährt man, woher das grosse Wasserrad stammt, das heute auf dem Parkplatz hinter der «Trichti» zu bewundern ist: «Das Organisationskomitee für ein Dorffest in Wernetshausen, Gemeinde Hinwil, liess im Jahre 1967 das Wasserrad der ehemaligen Mühle im Rood, Gemeinde Wald, ausbauen und auf den Dorfplatz transportieren. Danach stand es lange Zeit auf dem Schulhausplatz Wernetshausen. Da das grosse Objekt im besonderen Buben zu nicht ungefährlichen Klettereien einlud, wurde ein neuer Platz gesucht. Nach längerem Umschauen nahm sich die Familie Heer, Trichtenhausen, Gemeinde Zollikon, im November 1970 des ‹heimatlosen› Wasserrades an und stellte es unter das Vordach der Scheune der ehemaligen Trichtenhauser Mühle.»

Im Helvetischen Kataster von 1801 findet sich eine Schätzung der damaligen Gebäude: 880 Franken – die «Trichti» war damit so wertvoll wie kein anderer Hof im Zollikerberg. Der zuständige Beamte machte dazu folgende Notiz: «Die Schätzung der Häuser scheint mir niedrig angesetzt zu seyn. Da ich aber selbst erfahren, dass in dieser armseligen Berggemeind würklich sehr schlechte Wohnungen sich finden, so glaube ich es durchgehen (lassen) zu müssen.» (rs)

Quellen: «Heimatkunde Zollikon», «Unser Zollikon», «Vom Gstad zum Sennhof – 7 ortsgeschichtliche Rundgänge durch Zollikon und den Zollikerberg», «Zolliker Jahrheft 1982», Jahresbericht Zürcher Denkmalpflege 1968/69.

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Auch ich gehörte zu den Stadt-Kindern, die mit ihrer Grossmutter und dem ganzen Anhang von Tanten und Onkel, Cousinen und Cousins in der 1950er-Jahren aus dem Kreuzplatz-/Hegibachquartier manchen Sonntag durch das Wehrenbachtobel in die Trichtenhausermühle gepilgert sind. Und Grossmutter hat jedem Enkel zum Zvieri einen währschaften «Schole Hanf» (Stück Brot) mit Luussalbi bestrichen. Diese gehört im Abschnitt 3 erwähnt, denn sie war typisch für die Müli. Was das ist? Glarner Ankeziger, den sie auf einem grossen Teller selber gemischt hat. Und dazu gab es Most. Eine ewig bleibende, glückliche Erinnerung.

Was sagt eigentlich der Heimatschutz dazu? Heimatschutz ist auch die Erhaltung einer solchen Beiz, nicht nur von Mauern und Dächern.

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