Wer will den Zolliker Bus?

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23. November 2024 – Nach der Kündigung des Betriebsvertrages mit der VBZ sucht das Zolliker Busunternehmen Baumgartner einen Käufer. Die beiden naheliegenden Kandidaten zeigen kein Interesse – auch deshalb, weil die Infrastruktur des Zolliker Betriebs zu wünschen übrig lässt. (1 Kommentar)

23. November 2024 – Nach der Kündigung des Betriebsvertrages mit der VBZ sucht das Zolliker Busunternehmen Baumgartner einen Käufer. Die beiden naheliegenden Kandidaten zeigen kein Interesse – auch deshalb, weil die Infrastruktur des Zolliker Betriebs zu wünschen übrig lässt.  

Vernachlässigte Infrastruktur: Depot des Zolliker Autobusbetriebs (Foto: ZN)
Vernachlässigte Infrastruktur: Depot des Zolliker Autobusbetriebs (Foto: ZN)

Die Verkehrsbetriebe Zürcher Oberland (VZO) haben den Kauf der Zolliker Busfirma umfassend geprüft – und verzichtet. Ein wichtiger Grund für die Absage ist die mangelhafte Infrastruktur. Die beiden Depots des Zolliker Busbetriebs seien nicht auf dem neusten Stand, sagt VZO-Direktor Joe Schmid. E-Busse können in den Garagen nicht gewartet werden.

Als Käuferin wären auch die Verkehrsbetriebe Glattal (VBG) in Frage gekommen, deren Fahrzeuge von Otelfingen im Westen des Kantons bis nach Dübendorf unterwegs sind. Doch diese haben ebenfalls kein Interesse: «Die aktuell vom Zolliker Bus bedienten Gemeinden liegen nicht im aktuellen Marktgebiet unserer Betriebe, weshalb eine Übernahme nicht zur Diskussion steht.»

Die Aufteilung des Zürcher ÖV-Marktes

Der Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) – Schirmherr über den ÖV im Kanton – umfasst 8 marktverantwortliche Verkehrsunternehmen sowie 29  Transportbeauftragte. Für die Gemeinden Zollikon, Zumikon, Küsnacht und Ebmatingen sind die VBZ marktverantwortlich, während die Firma Baumgartner mit ihren Fahrzeugen den Personentransport besorgt. Sie hat den Betriebsvertrag mit der VBZ auf Ende 2026 gekündigt, weil innerhalb der Familie keine Nachfolgelösung gefunden werden konnte. Es ist nun Aufgabe des Zürcher Verkehrsverbunds, dieses ÖV-Angebot aufrecht zu erhalten.

In Farbe: die 7 Top-Player im ZVV-Markt – Nr. 8 sind die SBB (Grafik: zvv)
In Farbe: die 7 Top-Player im ZVV-Markt – Nr. 8 sind die SBB (Grafik: zvv)

Auch die VBZ könnten Interesse daran haben, den Zolliker Busbetrieb zu übernehmen. Immerhin pendelt die blaue Linie 99 ja heute schon elektrisch zwischen dem Bahnhof Zollikon und dem Spitalcluster Lengg. Deshalb die Frage an die Medienstelle: Ist es denkbar, dass die VBZ die Linien des Zolliker Buses gänzlich übernehmen und mit eigenen Fahrzeugen bedienen, wenn sonst niemand dazu bereit wäre? Kurze Antwort: «Die VBZ prüfen in den nächsten Wochen das weitere Vorgehen.»

Folgenreicher Investitionsstau

Der Zustand der Depots – soviel wird schnell klar – ist einer der Hauptgründe für den harzenden Verkauf. Wie es bei den beiden Garagen des Zolliker Busbetriebs an der Seestrasse und der Gustav Maurer-Strasse zu einem so folgenreichen Investitionsstau kommen konnte, würde man gerne von Regula Baumgartner wissen. Sie leitet den Familienbetrieb seit 13 Jahren in der dritten Generation; die am Unternehmen beteiligten Schwestern sind Verwaltungsrätinnen. Per Mail teilt die Chefin lediglich mit, der Entscheid, den Betriebsvertrag zu kündigen, sei «im Laufe der letzten Jahre innerhalb unserer Familie langsam gereift». Es sei «sehr schwierig, ein Grundstück für ein neues Depot in der Nähe zu finden, und unser bestehendes Depot hat seine Kapazitätsgrenze erreicht».

Geschäftssitz und Depot des Busbetriebs an der Seestrasse
Geschäftssitz und Depot des Busbetriebs an der Seestrasse

Für die Finanzierung wäre eigentlich gesorgt, denn die Investitionen in E-Busse und die Ladeinfrastruktur werden mittels Kostengutsprache durch den Zürcher Verkehrsverbund übernommen. Allerdings seien «die betrieblichen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Umstellung auf E-Busse nicht zu unterschätzen», heisst es bei den VBZ. Die gleichzeitige Pensionierung wichtiger Mitarbeiter beim Zolliker Familienbetrieb scheint dieses Problem akzentuiert zu haben.

Suche nach einem neuen Standort

Die VBZ prüfen seit längerem verschiedene neue Standorte für die Zolliker Busse, zum Beispiel in Küsnacht auf dem Fallacher-Areal. Nach erheblichem Widerstand aus der Bevölkerung und einer revidierten Planung wäre dort nun laut Auskunft der Gemeinde der Bau einer E-Busgarage grundsätzlich möglich, und zwar im Bereich «Nord» der grossen Parzelle. Das neue Depot würde unter den bestehenden Fussballplätzen gebaut. Spruchreif ist das Projekt aber noch nicht.

Küsnacht: Neue E-Busgarage unter den bestehenden Fussballplätzen? (Grafik: Gemeinde Küsnacht)
Küsnacht: Neue E-Busgarage unter den bestehenden Fussballplätzen? (Grafik: Gemeinde Küsnacht)

Sollte die Gemeinde Zollikon ins «eigene» Busunternehmen investieren – etwa aus Interesse an einer funktionierenden ÖV-Infrastruktur? Die GLP und die FDP haben sich dazu geäussert:

Nun seien der ZVV, die betroffenen Gemeinden unter Einbindung der Bevölkerung sowie die Parteien gefordert, Lösungen möglich zu machen, schreibt die GLP. Ohne Zweifel bestehe ein Interesse daran, den ÖV-Betrieben gute Rahmenbedingungen zu bieten. Für den Neubau eines E-Bus-Depots müsse ein geeigneter Standort gefunden werden. Voraussetzung sei, dass die in Frage kommende Gemeinde (Zollikon, Küsnacht oder Zumikon) das benötigte Grundstück besitze, es zonenkonform nutzen und im Baurecht abgeben könne, was einen Volksentscheid erfordere. Die städtebauliche Einordnung sei eine weitere wichtige Rahmenbedingung. Die Gemeinde Zollikon habe eine Tiefgarage unter dem Sportplatz Riet angedacht, allerdings sei dieser Lösungsansatz dem ZVV zu teuer gewesen. Das Areal des ehemaligen Altersheims am See sei für das Projekt zu klein und deshalb nicht geeignet.

Für FDP-Ortspräsident Felix Heer ist es «weder die Aufgabe einer Gemeinde, einen Busbetrieb zu führen noch die Infrastruktur dazu zur Verfügung zu stellen». Zollikon zahle immerhin jedes Jahr 2,3 Millionen Franken an den ZVV für den öffentlichen Verkehr. «Trotzdem soll die Gemeinde Zollikon als Vermittlerin auftreten», schreibt Heer, «und sei es nur, dass sie die Möglichkeit erhält, den Standort des Busbetriebs beim Riet zu erwerben.»

Die Gemeinde hatte der Firma Baumgartner das Land, auf der das Depot steht, seinerzeit im Baurecht abgegeben. Bekäme sie die Parzelle bei einem Verkauf der Busfirma zurück, könnte sie für den Bau von Wohnungen genutzt werden. (René Staubli)

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Die Gemeinde hat völlig unbestritten ein Interesse daran, den Busbetrieb nach Kräften zu unterstützen. Der ÖV ist bei der Kapazität jetzt schon an seinen Grenzen, und er wird in Zukunft noch deutlich grössere Personenzahlen transportieren müssen. Einerseits nimmt die Bevölkerung weiter zu, andererseits verursachen die steigenden Wohnkosten neue Pendlerströme, da die Menschen es sich zunehmend mehr nicht mehr leisen können, dort zu wohnen, wo sie arbeiten. Gleichzeitig machen die explodierenden Immobilienpreise den Betrieb und die notwendigen Erweiterungen der Depots für die Privatwirtschaft immer mehr zur Unmöglichkeit. Da kommen grosse Herausforderungen auf die verantwortlichen Personen und uns als Gemeinschaft zu. Einen wirklich gut geeigneten Standort für ein neues Busdepot sehe ich innerhalb unserer Gemeinde allerdings leider nicht. Eventuell wäre es eine Möglichkeit, in Zusammenarbeit mit den angrenzenden Gemeinden gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten.

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