«Napolitaner haben das Pizzabacken in den Genen»

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27. Januar 2022 – Der 44-jährige Napolitaner Raffaele Tromiro eröffnet heute Donnerstag in der «Trube» seine neue Pizzeria Napulé. Der dreifache Pizza-Weltmeister führt bereits zwei Filialen in Meilen und Netstal und drei Take-Aways in Zürich. Er hält sich streng an die Vorgaben der napolitanischen Pizza-Bäckerei. Ein Blick hinter die Kulissen.

Porträt Raffaele Tromiro
Napulé-Chef Raffaele Tromiro (Foto: bl)

MIT RAFFAELE TROMIRO SPRACH BARBARA LUKESCH

Jetzt ist es endlich so weit: Das Napulé in Zollikon legt los. Warum verzögerte sich die Eröffnung so lange?

Wegen Corona gab es Lieferschwierigkeiten bei fast allem, was wir brauchten: Holz, Aluminium, Bodenbeläge. Dazu hatten wir Schwierigkeiten beim Einbau der Lüftung.

Sie haben den Innenraum komplett umgestaltet. Was genau haben Sie verändert?

Wir haben fast alles auf den Kopf gestellt. Decken, Böden, Wände. Mitte Dezember waren Fachleute aus Neapel da und haben einen riesigen goldenen Elektroofen eingebaut. Die Immissionen eines Holzkohleofens kann man heute nicht mehr verantworten. Das ist zwar schade, aber richtig so. Auf einen Gasofen mussten wir aus feuerpolizeilichen Gründen verzichten.

Was ist so gut an diesem Backofen, dass sie ihn extra aus Napoli liefern lassen?

Das Besondere daran ist (lacht schallend), dass er von Napolitanern gebaut wird. Mehr muss man eigentlich nicht sagen. Über vier Generationen hat meine Familie mit der Familie der Ofenbauer zusammengearbeitet, und daran habe ich festgehalten, seitdem ich vor sieben Jahren in die Schweiz gekommen bin. Dank dieser gewachsenen Beziehung kann ich spezielle Wünsche äussern, die mir immer erfüllt werden. Was für ein Glück, muss ich keinen Ofen von der Stange kaufen.

Pizzaofen im Napulé
Der Ofen ist an (Foto: rs)

Ihre erste Pizzeria steht an Ihrem Wohnort Meilen. Die zweite haben Sie in Netstal im Kanton Glarus angesiedelt. Und jetzt Zollikon. Was hat den Ausschlag gegeben?

Die Gemeinde gefällt mir. Die Leute sind sehr freundlich, man kommt schnell ins Gespräch mit ihnen. Und die Verwaltung ist sehr unkompliziert. Wir sind ja hier in einem Haus der Gemeinde eingemietet. Es ist ein tolles Haus mit seiner Nähe zum Dorfplatz. Das ist wichtig für eine Pizzeria, denn das bringt uns in Kontakt mit den Leuten.

Worin wird sich Ihre Zolliker Pizzeria von denjenigen in Meilen und Netstal unterscheiden?

Die Karte ist identisch, die Qualität bleibt gleich, die Mitarbeiter werden auf die gleiche Art geschult. Was sich ändert, ist das Umfeld und damit die Gäste. Da müssen wir erst noch Erfahrungen sammeln. Keine Ahnung, ob eher Vereine zu uns kommen werden, Mittags- oder Abendgäste, Firmenkunden oder mehr private Gäste. Wir haben wie an den beiden anderen Standorten voraussichtlich sieben Tage die Woche offen, jeweils ab Mittag bis 24 Uhr.

Und was kostet eine Pizza bei Ihnen?

Eine Pizza Margerita 23.50 Franken.

Ein stolzer Preis. Was hat die Napulé-Pizza, was andere nicht haben?

Alle machen eine gute Arbeit, das ist so. Aber …

… Sie machen es besser.

(Lacht) Nein, das habe ich nicht gesagt. Wir haben aber gewisse Vorzüge. So lässt sich unsere Pizza sehr gut verdauen.

Nicht ohne bei einer teiglastigen, eher fetthaltigen Speise. Wie erklärt sich das?

Unser Mehl ist besonders. Das ist wichtig, schliesslich besteht eine Pizza zu 80 Prozent aus Mehl. Wir arbeiten mit einer Mühle in Weinfelden zusammen, die nach meiner Rezeptur ein Pizzamehl kreiert hat. Da paart sich napolitanische Tradition mit schweizerischer Präzisionsarbeit. Dazu lassen wir den Teig 48 Stunden ruhen und mit einer speziellen Hefe reifen. Die weiteren Zutaten wie Tomaten und Mozzarella stammen aus Napoli, die wir jeden Tag frisch kommen lassen. Bei uns gibt es keine Ware vom Vortag.

Das Markenzeichen Ihrer Pizza ist der grosse luftige Rand. Wie kriegen Sie den hin?

Jeder gute Teig ist normalerweise luftig. Wenn man aber den ganzen Boden mit Tomaten bedeckt, geht der Rand natürlich nicht hoch. Wir lassen ihn frei, damit er hochsteigen kann.

Welche Bedeutung hat die Pizza in Napoli?

Pizza e poesia (Pizza ist Poesie). Früher war die Pizza das Arme Leute-Essen. Da galten nur die Sterneköche als Stars innerhalb der Gastronomie. Dank einer Rückbesinnung auf die Tradition gelten heute die Pizzaiolos in Neapel mindestens als gleichwertig.

Es gibt sogar eine eigene Organisation, die Assoziacione Verace Pizza Napolitana, deren Mitglied Sie sind. Wie bedeutend ist sie?

Das ist ein Verein, der das originale traditionelle Pizzabacken aus Neapel bewahrt. Erst wenn man scharfe Kontrollen durchlaufen hat, wird man als Mitglied aufgenommen. 

Sie sind auch dreimal Pizza-Weltmeister geworden. Was muss man bieten, um einen solchen Titel zu erringen?

Einen schönen Teig, ein gelungenes Zusammenspiel aller Bestandteile des Belags, qualitativ hochstehende Produkte, ein leckeres Aussehen und natürlich einen guten Geschmack. Da ich inzwischen 365 Titel in allen möglichen Wettbewerben gewonnen habe, beteilige ich mich heute nur noch als Jurymitglied an solchen Konkurrenzen.

Welche Pizza haben Sie selber am liebsten?

(sehr schnell): Eine Margerita.

Heute belegt man ja Pizzas mit allen Schikanen, verwendet nicht nur Mozarella, sondern auch Raclettekäse, nimmt Scampis und vieles mehr. Wie stehen Sie dazu?

In unseren Restaurants gibt es nur traditionelle Pizzas, plus einmal pro Woche eine Spezialpizza.

Und bei der sind Sie zu allen Schandtaten bereit?

Oh nein. Da gibt es Todsünden, die gemäss unserer Ideologie nicht gehen. Beispielsweise das Verwenden von Ananas. Oder von hartgekochten Eiern. San Gennaro, der Schutzpatron von Napoli, würde vor lauter Empörung einen Blitz schicken (lacht schallend). Meerfrüchte verwenden wir nicht, weil wir nicht am Meer leben. Was wir einmal kreiert haben, ist eine Pizza mit Mortadella, der riesigen italienischen Wurst, und Pistazien. Als sie grossen Erfolg hatte, haben wir sie offiziell in die Karte aufgenommen. Aber das war eine Ausnahme.

Wo haben Sie das Pizzabacken gelernt? Bei Ihrem Vater?

Ja. Dazu wäre ich fast in einer Pizzeria auf die Welt gekommen. Meine Mutter hatte meinen Vater gerufen, er müsse kommen, die Geburt setze ein, sie habe Wehen und verliere schon Fruchtwasser. Aber mein Vater antwortete seelenruhig: «Moment! Ich muss noch diese Pizza fertigmachen.» Um ein Haar wäre ich neben dem Pizzaofen geboren worden. Da muss das Pizzabacken ja in den Genen stecken.

Warum hat man daheim oft grosse Mühe, eine knusprige Pizza hinzubekommen? Immer wieder saftet der Teig durch und verdirbt einem die Freude.

Es gibt verschiedene Probleme, die Private daheim mit dem Pizzabacken haben: Sie verwenden oft Tomaten, die qualitativ nicht gut sind. Da sollte man nicht sparen. Dann können die Backöfen daheim höchstens bis 250˚C geheizt werden, während unsere Öfen bis 420˚C heiss werden. Der dritte Fehler der Privatköche, eigentlich der entscheidende, liegt darin, dass sie die Pizza mit zu vielen Zutaten belegen und damit verhindern, dass sie richtig durchgebacken werden kann. Man meint es ja eigentlich gut, aber nachher stimmt einfach das Mengenverhältnis nicht mehr, und das Ganze saftet durch.

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