Dorfzahnarzt aus Leidenschaft

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30. Oktober 2022 – Franz Pomsar ist seit 20 Jahren Zahnarzt in Zollikon. Am 10. November spricht er im «Talk am Puls» im Zollikerberg mit der Journalistin Barbara Lukesch über seinen Beruf, der ihm erlaubt, den Menschen in die Seele zu schauen. (2 Kommentare)

30. Oktober 2022 – Franz Pomsar ist seit 20 Jahren Zahnarzt in Zollikon. Am 10. November spricht er im «Talk am Puls» im Zollikerberg mit der Journalistin Barbara Lukesch über seinen Beruf, der ihm erlaubt, den Menschen in die Seele zu schauen.

Gezeichnetes Porträt  Dorfzahnarzt Franz Pomsar
Dorfzahnarzt Franz Pomsar (Illustration: Willi Spirig)

Franz Pomsar bezeichnet sich gern als «Dorfzahnarzt». Fragt man ihn, was das in der eher städtischen Vorortgemeinde Zollikon heissen solle, sagt er, dass ihm die beste Versorgung und das Wohl seiner Patienten wichtiger seien als sein eigenes Portemonnaie: «Das ist für mich eine Frage von Ethik und sozialem Denken.» Diese Einstellung hätten ihm seine Eltern vorgelebt und ihn damit stark geprägt.

Wenn etwa ein wenig begüterter Patient in der Praxis stehe, über scheussliche Zahnschmerzen klage und beteuere, er könne die 650 Franken nicht zahlen, die man andernorts für das Ziehen des Zahns verlange, müsse er einfach helfen: «Untersuchung, Röntgen, Anästhesie, Extraktion, Kontrolle: 140 Franken.» Kein Wunder, kursiert in Kosovo-, Osteuropa- und Thaichats sein Name als Geheimtipp: «Pomsar, günstiger Zahnarzt in Zollikon.»

Verschiedene Welten

Natürlich ist sich auch der ursprünglich aus Horgen stammende Franz Pomsar bewusst, dass er in Zollikon in einer Goldküstengemeinde praktiziert, in der viele wohlhabende und gut ausgebildete Menschen leben: «Beste Voraussetzungen, um Zahnmedizin auf einem hohen Niveau zu betreiben.» Es komme vor, dass er einer Patientin nach einer Untersuchung sage, dass sie eine Krone brauche und dann ohne detaillierten Kostenvoranschlag mit der Behandlung beginnen könne. Ein paar Wochen später begleiche sie kommentarlos die Rechnung über 1500 Franken.

Ganz anders laufe es bei einem Kollegen mit einer Praxis in Regensdorf. Der habe ihm kürzlich erzählt, dass bei ihm jeder fünfte Patient mit einem Sozialformular erscheine und er als Arzt bei der Behörde einen Kostenvoranschlag einreichen müsse. Das sei dann schon ein anderes «Schaffen», seufzt Pomsar, wenn man so viel Bürokratie erledigen müsse.

Dass er vor genau 20 Jahren in Zollikon seine Praxis eröffnet habe, sei trotzdem «kein bewusster Entscheid zugunsten einer qualitativ hochstehenden Zahnmedizin» gewesen, sondern der Wunsch seiner Frau, einer gebürtigen Zollikerin, die unbedingt in einer Seegemeinde wohnen wollte.

Inzwischen ist er bestens vertraut mit dem Ort und seinen Menschen. Er ist ein kommunikativer Zahnarzt, der jede Situation nutzt, um mit seinen Patienten ins Gespräch zu kommen. Zollikon biete denn auch ein weites Spektrum: «Da gibt es alles vom Multimilliardär über die Ukraine-Flüchtlinge bis zum mittellosen Junkie.» Sobald er jemandem eine Spritze gegen die Schmerzen gesetzt habe und auf deren Wirkung warte, frage er den Mann mit dem Arm im Gips, was ihm denn widerfahren sei, oder die junge Frau, die gerade die Schule abgeschlossen habe, ob sie schon wisse, was für eine Ausbildung sie machen wolle.

Grosse Wertschätzung

Weil er selber als Kind höllische Angst vor dem Zahnarzt hatte und nur unter tatkräftiger Mithilfe von vier Leuten auf dem gefürchteten Stuhl festgehalten werden konnte, ist er auch ein feinfühliger Zahnarzt. So erkläre er Schritt für Schritt, was er mache: «Jetzt kommt Luft, dann ein Stichli, jetzt wird’s lärmig…» Damit stelle er die Patienten auf seine kommenden Eingriffe ein und – er schmunzelt – beruhige sie: «Mir haben tatsächlich schon einige Patienten gesagt, dass sie bei mir ihre Angst verloren hätten.» Er zeigt ganz unverhohlen seine Freude.

Wenn er über seinen Beruf spricht, merkt man gut, dass er ihn gern ausübt. Das Schöne sei, sagt er, dass er sich nie langweile, sondern von morgens bis abends konzentriert arbeiten müsse. Er mache etwas wirklich Sinnvolles und erfahre zu allem hin auch noch grosse Wertschätzung.  

Dass er Zahnarzt geworden sei, verdanke er mehr dem Zufall. Er stammt aus einer Mathematikerfamilie, in der es viele Ingenieure und Buchhalter gab, und besuchte ganz selbstverständlich auch ein mathematisches Gymnasium. Aus Begeisterung für seinen Fachlehrer sei er kurz davor gestanden, Mathematik zu studieren. Doch als er bei einem späteren Schulbesuch bei dem geschätzten Lehrer miterleben musste, wie dieser von seiner Klasse verulkt worden sei, habe er gewusst: «Das tue ich mir nicht an!»

Auf der Suche nach einer beruflichen Alternative liebäugelte er kurz mit der Handchirurgie, liess sich dann aber von seinem eigenen Zahnarzt umstimmen: «Studiere doch Zahnmedizin, wenn du gern mit den Händen arbeitest!» So sei er dann Zahnarzt geworden mit einer chirurgischen Zusatzausbildung, die ihm erlaube, das ganze Spektrum der modernen Zahnmedizin abzudecken.

Seismograph der Psyche

Erst im Laufe der Jahre habe er festgestellt, dass er als Zahnarzt auch eine Art Seismograph der psychischen Gesundheit vieler Menschen sei. So habe er in den Nullerjahren erstmals realisiert, wie sehr die Digitalisierung, die Globalisierung und das zunehmende Tempo die Menschen stressten, was sich auch an ihren Zähnen zeige. So fange jemand, der stark angespannt sei, oft unbewusst damit an, die Zähne zusammenzupressen. Das führe zu Knirschen, aber auch Füllungs- oder gar Zahnbrüchen. Als junger Zahnarzt habe er einen solchen Fall pro Jahr in der Praxis gehabt, in den Zeiten von Corona und dem Krieg in der Ukraine habe sich die Zahl vervielfacht. Der Dorfzahnarzt legt die Stirn in Falten: «Das sagt viel über den Zustand unserer Gesellschaft aus.» (bl)

Donnerstag, 10. November, «Talk am Puls» im Café am Puls neben der reformierten Kirche im Zollikerberg. Barbetrieb ab 19 Uhr, Beginn des Talks: 19.30 Uhr. Anschliessend Zeit für ein Glas Wein, ein Bier, ein paar Häppchen und ein gemütliches Zusammensein. Gastgeber ist Pfarrer Simon Gebs.

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also meine schwester spricht und schwärmt seit jahren von ihrem so tollen zahnart, herr dr. pomsar. nach diesem gespräch und dem bildli hüpft er mir grad auch ins herz.

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