«Qualität hat ihren Preis»

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3. Februar 2023 – Raffaele Tromiro, der Besitzer der Pizzeria Napulé, zieht ein Jahr nach Eröffnung Bilanz. Er äussert sich zur Kritik, dass sein Restaurant zu laut sei und die Preise zu hoch. Die Frage, warum alle Parkplätze vor dem Haus blockiert sind, beantwortet er überraschend.

Porträt Raffaele Tromiro
Napulé-Chef Raffaele Tromiro vor seinem Pizzaofen (Fotos: bl)

INTERVIEW: BARBARA LUKESCH

Ein Jahr Napulé in Zollikon. Raffaele Tromiro, wie läuft das Geschäft?

Ich bin sehr zufrieden.  Wir haben mehr erreicht, als ich erwartet habe. Auch die Lage des Restaurants hat sich als ideal erwiesen, nahe bei der Stadt, mitten in Zollikon und gut erreichbar für den Rest der Goldküste. Super!

Wie ist die Auslastung?

An den Wochenenden sind wir immer ausgebucht. Dann sind alle drei Säle voll, und im Sommer war auch die Terrasse gut besetzt.

Auch am Sonntag?

Am Sonntagmittag ist meistens alles besetzt. Abends zwischen 17.30 Uhr und 20 Uhr verlangen die Leute vor allem Take away-Pizzas. Wahrscheinlich wollen sie am Vorabend der neuen Woche nicht nochmals in den Ausgang gehen. Der Montag ist der ruhigste Tag der Woche.

Wie setzen sich Ihre Gäste zusammen?

Rund 80 Prozent sind Schweizer, dazu viele Italiener.

Sie schliessen um 22 Uhr. Warum so früh?

Unter der Woche bleiben die Leute sowieso nicht länger. Am Wochenende kann es auch später werden, und wir drängen die Leute nicht zu gehen, wenn sie noch etwas trinken wollen.

Was ist der Bestseller auf der Speisekarte?

Die Margherita.

Jetzt sind Sie gerade von Italiens bekanntestem Restaurantführer Gambero Rosso als «Bestes italienisches Restaurant im Ausland 2023» ausgezeichnet worden. Wie kommt diese Auszeichnung zustande?

Das Maximum, das Gambero Rosso verteilt, sind drei Pizzastücke – analog zum Guide Michelin, der drei Sterne verteilt.

Das heisst, es werden ausschliesslich Pizzerias bewertet?

Genau. Letztes Jahr wurden wir mit zwei Pizzastücken ausgezeichnet. Als die Prüfer dieses Jahr wiedergekommen sind, wie immer undercover, sind es nun drei Pizzastücke geworden. Sie prüfen das Essen, den Wein, die Küche und deren Hygiene.

Wie wirkt sich eine solche Auszeichnung aus?

Das merken wir natürlich schon. Nachdem verschiedene Zeitungen darüber berichteten, waren in der darauffolgenden Woche auch der Montag und die restlichen Wochentage gut besucht. Das war auch in unseren Filialen in Meilen, Zürich und Glarus so.

Die Pandemie hatte Sie lange behindert und zögerte beispielsweise die Eröffnung der Zolliker Filiale hinaus. Wie stark wirkte Corona in den ersten Monaten nach der Eröffnung noch nach?

Die Leute hatten nach der Pandemie wieder grosse Lust, in den Ausgang zu gehen, und wir sind gut gestartet. Wir hatten Glück. Vielleicht waren wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort und boten genau das an, was die Leute vermisst hatten.

Inzwischen ist noch der Krieg in der Ukraine dazugekommen. Welche Folgen spüren Sie?

Es kommt zu Lieferengpässen. Auf gewisse Produkte, aber auch Ersatzteile – beispielsweise für den Pizzaofen – müssen wir mehr als einen Monat warten.

In unserem ersten Interview hatten Sie erzählt, dass Sie gewisse Todsünden niemals begehen würden: Ananas oder harte Eier auf einer Pizza gehörten beispielsweise dazu. Blattgold und weisse Trüffel auf einer 500-fränkigen Pizza geht offenbar. Ist das keine Todsünde für einen Pizzabäcker?

(Lacht) Das war ein Geschenk für die Kundschaft an der Goldküste, das rund 60mal bestellt wurde. Jetzt ist diese Pizza nicht mehr auf der Karte. Wir wechseln unsere Spezialangebote alle zehn Tage. Aktuell haben wir eine Pizza Polpetta mit Fleischbällchen und napolitanischem Ragout, Ricotta, Basilikum und Parmesanspänen im Angebot und eine Mimosa mit Mozzarella, Mais und Schinken.

Warum bieten Sie eigentlich keine Pasta oder Fleisch und Fisch an?

Das ist nicht meine Welt. Wir sind Pizzabäcker.

Was ist mit den Parkplätzen vor Ihrem Lokal passiert? Plötzlich waren alle zehn Plätze blockiert und für Ihre Gäste reserviert. Das hat viele Leute verärgert.

In der Anfangszeit hatten wir oft Probleme mit Leuten, die im Dorf eingekauft und ihr Auto auf unseren Parkplätzen abgestellt haben, so dass unsere Gäste keinen Platz mehr fanden. Wir haben immer freundlich mit diesen Leuten geredet, haben sie gebeten, den Parkplatz zu verlassen und ihnen dafür sogar einen Gutschein für die Pizzeria mit einem Rabatt von 10 Prozent geschenkt. Trotz unserer freundlichen Aufforderung kam es immer wieder zu extrem hässigen Reaktionen, ein Mann hat mir sogar einmal den Stinkefinger gezeigt, andere haben unsere Kellner angeschrien. Was soll das? Die Gemeinde schenkt mir diese Parkplätze nicht; die haben ihren Preis. So habe ich eines Tages gesagt: Es reicht! Wir blockieren die Plätze für unsere Kundschaft. Gleichzeitig haben wir von sieben auf zehn aufgestockt.

Jetzt haben Sie Ruhe?

Es passiert auch jetzt noch, dass Leute, die in die Migros gehen, die orangen Plastikhüte wegnehmen und ihr Auto trotz dem Verbot bei uns abstellen (lacht). Das Thema Auto ist heikel. Da gerät man mit den Leuten schnell aneinander.

Ich habe mit verschiedenen Leuten in Zollikon über das Napulé gesprochen. Es gibt Lob, aber auch Dinge, die vielen nicht gefallen. Kritikpunkt Nummer Eins: Es sei zu eng und zu laut. Mein Mann und ich waren neulich auch bei Ihnen essen, und es stimmt: es ist wirklich sehr laut. In der Gaststube im Parterre, in der es Platz für 40 Personen hat, lassen Sie sogar noch Musik laufen.

Die Lautstärke ist Ausdruck unseres Temperaments. Das ist Italianità! Napolitanisches Ambiente. Das gehört dazu. Ich war die letzten Tage in Albanien und habe unter anderem ein wunderschönes Restaurant besucht. Keine Musik, kein Lärm, ganz still. Mein Gott, war das langweilig. Was wollen Sie denn machen, wenn ein Kind weint? So ist nun mal das Leben.

Was, glauben Sie, haben die Leute sonst noch kritisiert?

(überlegt) Dass es zu teuer sei?

Genau. Ich habe dann mal einen Vergleich gemacht. Die Pizza Margherita kostet bei Ihnen 24.50 Franken. Die Vesuvio mit pikanter Salami 36, der Insalate verde 12.50. Das sind ungewöhnlich hohe Preise. Im Santa Lucia, auch eine Kette mit Filialen beispielsweise am Bellevue- oder Paradeplatz, kostet der grüne Salat 9 Franken, die Margherita 18, die Toscana mit pikanter Salami 23. Keine Pizza kostet dort über 30 Franken, bei Ihnen sind es sieben. Was sagen Sie dazu?

Qualitativ hochstehende Produkte haben einfach ihren Preis. Nehmen Sie den Mozzarella. Es gibt ganz verschiedene Angebote. Eine billige Sorte kostet 5 Euro pro Kilogramm, Topqualität aber 14.50. Wenn ich eine gute Pizza anbieten will, muss ich Mozzarella für 14.50 kaufen. Bei Tomaten reicht die Preisdifferenz von 2 Euro pro Dose bis 6 – ich kaufe ja fast alles in Italien ein. Das Mehl, das wir verwenden, lasse ich in 24 Arbeitsschritten in der Schweiz produzieren. Preiswertere Sorten werden in 14 Arbeitsschritten hergestellt. Ich will das Beste, und ich bin wirklich stolz, dass wir nur Zutaten in Topqualität verwenden. Trotzdem bin ich immer auf der Suche nach noch besseren Produkten und unternehme auch darum viele Reisen in Italien. Ich will selber am liebsten in meinen Restaurants essen – das ist der Massstab.

PS: Am Ende des Interviews erfahre ich, dass alle Gäste des Restaurants zum Auftakt ein Tellerchen mit Bruschetta und Tomatenbelag bekommen. Das müsse bei uns untergegangen sein, sage ich. Stirnrunzeln beim Chef. So etwas lässt Tromiro nicht auf sich sitzen. Im Nu habe ich einen formidablen Aperitiv vor der Nase, auf meinen Wunsch alkoholfrei, und ein paar Bruschetta. Sie schmecken vorzüglich.

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